Aus dem Leben einer Forscherin (4)

Constance Scharff (SCH)  im Interview mit Michael Rüsenberg (RUE) / Schlussteil

Constance Scharff Foto Thomas Berg (Foto: Thomas Berg)

[Gäste stellen Fragen]

SCH: … die [Dame] hatte ne zweite Frage, das war diese Stille. Das heißt dann, wenn in einer Lautäußerung grade Pause ist, …….. – wie eben, das spielt natürlich ne super wichtige Rolle für das, was man mitteilt, wann ich ne Pause mach, wann der Vogel ne Pause macht, und wird teilweise auch wieder aktiv jetzt auf der neuronalen Ebene kodiert, also wenn da nix passiert, dann sagen viele Zellen „sei still!“, man muss teilweise aktiv die Pause machen, das heißt, dieser Unterschied zwischen aktiv und passiv hängt davon ab, ob wir jetzt über den Laut reden oder ob wir darüber reden, was da passieren muss, und spielt das ne Rolle im …, wie Sachen wirken und wie Sachen rüberkommen, und wie wir vorhin geredet haben, auch … ab wann ist das noch Gesang beim Zebrafink? Da kann z.B. es wichtiger sein, wenn die Pausen zu lang werden, das ist schlimmer als wenn die Noten zu lang werden. Bei einer Art, die untersucht worden ist. Also die sind sensibler für die Pausen als für die Noten.

RUE: Ich weiß jetzt nicht mehr genau, ich glaube von dort hinten kam noch ne Frage (etc.)… Sie beide dann!

FRAGER: Nur ganz kurz wegen Missverständnissen in der menschlichen Sprache, die Zwischenbereiche, die unbekannt sind. Ich spreche kein Arabisch, aber einmal in Ägypten auf einem Souk habe ich gesehen ein Produkt mit der Bezeichnung Eftescheff. Was ist das???? Später ist es mir eingefallen: es ist Aftershave. (verhaltenes Lachen)

SCHARFF: Das ist ein super Beispiel für diese kategorische Perzeption, ne? Also Aftershave mit m deutschen Akzent, mit m japanischen Akzent, mit allen…, wenn man n bisschen internationale Ohren hat, dann kann man das alles akzeptieren. Aber Eftescheff war einfach zu weit weg für Sie als „das gilt jetzt nicht mehr“ für die, die da aber jetzt leben, wird Eftescheff auch ganz bald akzepiert als das, was noch Aftershave ist, ehh wir haben also auch noch flexible Theorien, aber das ist n Klassiker für „ab wann ist das noch der gleiche Inhalt“. Und das ist bei Vögeln eben auch so. (auch so geschrieben, mit e). Warum auch nicht?

RUE: Die Dame neben Ihnen.

FRAGERIN: Ja, ich habe noch ne Frage zu der Frequenz, von der Frequenzhöhe, also ich habe beobachtet, ich spiele auf diesem ganz alten Ding Schwanenknochenflöten, also die man gefunden hat, und da hab ich beobachtet, dass wenn man danach singen lässt, die Kinder oder die Leute, dass sie dann zwei Oktaven tiefer nachsingen, aber trotzdem, das ist zwei Oktaven höher, und trotzdem empfinden wir es als Menschen nicht so tief, und das wollte ich mal fragen, ob Sie da die Frequenzlage…

SCH: Aber die Flöte selber ist in einer Frequenzlage, wenn ein Kind das nachsingen könnte, von der … ne eben … also wenn die das nicht können, transponieren die das natürlich runter (trotzdem, bei der normalen Sopranflöte ist das ja auch so, dass das ne Oktave höher ist als die so wirklich empfunden wird).

SCH: Da sind zwei Sachen, eine Sache, also das Hören, was ich empfinde, kann natürlich sein, dass diese ganze Harmonik, also diese Oktaven, die sind ja relativ ähnlich kodiert auch, das ist gar nicht so anders… (Ist das bei Vögeln auch so? Haben die auch so ne Oktavempfindung? ) Bei denen: das wurde lange gesagt: nein, aber Butcherbirds zum Beispiel singen Motive, die ganz ähnlich sind, also (singt:) Da-di-da-diiih, oder dii-da-di daaa – die können das umdrehen, jetzt kein gutes Beispiel, aber die können die erste Note ne Oktave höher oder tiefer singen, gleich, als wenn das gar nicht so wichtig ist, ob das jetzt g7 oder g8 – das ist vielleicht für die nicht so relevant.

(Und was ist das für ne Hz-Zahl – und die tiefen Töne…)

Das ist total unterschiedlich von Vogel zu Vogel …. hmmmm… die tiefsten Vögel, ho, da fragen Sie mich … müsste … weiß ich nicht. Ich überlege grade, obs (RUE: Rohrdommel!) Rohdommel! (lachen).

RUE: Ist ja auch schön, wenn man mal was unbeantwortet sein lässt. Ja, wir sind … also noch nicht am Ende, aber fast am Ende. Ich will nur noch kurz sagen, was jetzt noch folgt. Dort eine Liste – wer… Newsletter … Einladungen etc.

Ein Buch mit dem Titel Penguin Bloom, das ist die Geschichte eines Butcherbirds, einer Würgerkrähe, die eine Familie geholfen hat, Familienmitglied einen schweren Unfall hatte … unfassbar schöne Bilder… wo der Vogel Übungen mitmacht, physische Übungen, die die machen müssen zur Wiedergenesung, dann liegen da noch Flyer für unsere nächste Veranstaltung, die ist am 8. Juni. Wolfgang Welsch Zeitgenössische Kunst zwischen Natur und Kultur… Fragebogen mit Frau Scharff.

Welsch – hätten Sie ein Frage an ihn? (Ja)

SCH: Ich würde gerne wissen, wie sich sein Denken möglicherweise verändern würde, wenn morgen bekannt würde, durch Forschung, dass sehr viele Tierarten ein ästhetisches Verständnis haben… Würde das sein Weltbild verändern? (Sehr gut)

RUE: So dann kommen wir jetzt zum Gedankensprünge-Fragebogen. Das wird der erste Teil sein, der dann auf der Web-Seite Gedankensprünge im Netz zu finden ist. Ansonsten, ich bin nächste Woche weg …. etc. 7:17 So der Fragebogen: 12 Fragen oder 12 Halbsätze bitte ergänzen:

[Zum Fragebogen bitte den gleich folgenden Link verwenden!]

RUE: Toll, wunderbar. Dankeschön an Constance Scharff. (Applaus) 9:50

Zur Reihe „Fragebogen“ in den GEDANKENSPRÜNGEN: Hier.

Gedankensprünge Screenshot

[JR – Wenn ich nicht irre, – ich habe keine Möglichkeit der Verlangsamung -, ist der erste Ruf der Drossel in dieser Aufnahme von 0:00 bis 0:06 identisch mit dem, der in Chris Hughes Stück „Slow Motion Bird“ behandelt wird. Vielleicht stand ihm damals – 1994 – die gleiche Aufnahme zur Verfügung, deren Herkunft weder hier noch dort näher benannt wurde.]

RUE: Slow Motion Bird. Das ist ein Stück von Chris Hughes, den wird kaum eine von Ihnen kennen. Das ist ein englischer Popkunstproduzent, der hat u.a. Paul McCartney produziert und Peter Gabriel, kein renommierter oder berühmter Mann, der 1994 eine CD gemacht hat, die heißt „Shifts“, da hat er Stücke von Steve Reich, also dem großen Minimal Komponisten interpretiert, allerdings auf nicht-Reichische Art und Weise. Und der Slow Motion Blackbird wird man nicht im Repertoire von Steve Reich finden, aber es gibt da wohl eine Komposition mit der Anweisung, man solle was spielen so langsam, wie es nur geht, aber die Tonhöhe soll die gleiche bleiben, sie soll also nicht sozusagen absaufen. Und der hat also nun folgendes gemacht, der Chris Hughes, der hat einen Amselklang gehabt, der dauert 2 Sekunden, der hat da n Keyboard druntergelegt und ne Violine, und dieser kleine Clip von 2 Sekunden, der wird immer weiter verlangsamt, die Tonhöhe bleibt aber gleich, und das ist schon ne ganz jecke Erfahrung, und selbst wenn Sie denken, noch langsamer geht’s nicht, es geht noch langsamer, der letzte Zirkel ist also glatte 50 Sekunden. Und ich denke, wir hören uns das mal an. Und das wäre dann mein Dankeschön an Sie für den auch für mich schönen Abend, und der Ausklang. Und ein gutes Nachhausekommen.

SLOW MOTION BLACKBIRD (Ende 12:33) (Der folgende im Nachhinein ausgewählte Film gehörte ursprünglich natürlich nicht zur Tonaufnahme von Chris Hughes. Bitte beachten Sie aber die Info bei Youtube unter dem Video. JR.)

ENDE

Niederschrift des gesamten Textes nach der Tonaufnahme: Jan Reichow. Einige Originalzitate in Wort und Ton, sowie Infos über alle Veranstaltungen finden Sie HIER.

Herzlichen Dank an Michael Rüsenberg!

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Eine aktuelle Liste der Publikationen des Instituts, das Prof. Dr. Constance Scharff in Berlin leitet, findet man Hier.
Freie Universität Berlin, DEPARTMENT OF BIOLOGY, CHEMISTRY, PHARMACY / INSTITUTE OF BIOLOGY / ANIMAL BEHAVIOR. Das Team: Hier.

Man lese als Ergänzung auch auf Michael Rüsenbergs Homepage das Gespräch mit Donna Maney (Atlanta): Hier. Mehr über ihre Arbeit im Birdbrain Lab , darin auch zur Frage „Why study songbirds?“ Hier.

Im übrigen kehre ich bereichert und mit neuem Mut in mein Gartenzimmer zurück (es heißt so, weil die Tür zur Terrasse geht; es könnte auch Geigenzimmer heißen, weil ich beim Üben dort hinausschaue). Ein Teil der Bücherwände sind der Literatur zu Musikpraxis und -pädagogik  gewidmet, ein anderer Teil der Ethnologie und der Natur. Eins fehlt dort unten, nämlich „The Origins of Music“ edited by Nils L. Wallin, Björn Merker, and Steven Brown. Es liegt hier in PC-Nähe im Bach-, Mozart-, Beethoven-, Musikethnologie-Regal, das am meisten frequentiert wird. Wo aber auch Peter Schleunings „Die Sprache der Natur“ zu finden ist, also zu „Natur in der Musik des 18. Jahrhunderts“. Kein Link soll missing sein!

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