Auf dem Boden bleiben!

Bundesliga beginnt

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Keine Wallfahrt!

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Als erstes fällt bei den Fans die Erzeugung von Gemeinsamkeit auf. Ähnlich vereinigend wie gemeinsames Trinken wirkt das Absingen von Fußballhymnen, unterstützt von gleichen Bewegungsweisen. Bei den sangeskundigen englischen Fußballfans wird der religiöse Charakter der Gesänge deutlicher als bei den deutschen. Der berühmteste aller Fangesänge You’ll never walk alone wurde nach dem Ersten Weltkrieg während der englischen Cup-Finale im Wembley-Stadion in Erinnerung an die gefallenen Fans gesungen. Beim Absingen dieser Hymne ist heute eine strikte rituelle Ordnung einzuhalten (die auch auf deutschen Fußballplätzen gilt). Die Schals werden mit beiden Händen über den Kopf gehalten und im Rhythmus der Musik langsam hin und her bewegt, wie die Fahnen einer Prozession. Zum Heiligen halten die Fans engen Kontakt. In Marseille pilgerten sie vor dem UEFA-Pokalendspiel zur Wallfahrtskirche Notre Dame de la Garde, um dort eine Kerze zu entzünden. Der FC Sankt Pauli gab unter dem Titel Glaube, Liebe, Hoffnung eine „Fan-Bibel“ heraus. Wissentlich oder nicht hat er die göttlichen Tugenden zu seinem Wahlspruch gewählt, durchaus passend zu seinen Fan-Artikeln, vom Wimpel bis zur Unterhose und zum Pauli-Gartenzwerg.

Quelle Gunther Gebauer: Poetik des Fussballs campus verlag Frankfurt am Main 2006 (Seite 100 f.)

Wer heute nach dem zitierten Wahlspruch beim FC Sankt Pauli selbst sucht, stößt bei den „Kiezhelden“ auf eine Baustelle (hier). Sie wird doch wohl nicht erst nach der schmerzlichen Niederlage gegen Mönchengladbach (vorgestern) eingerichtet worden sein?

NOCH EIN ZITAT

Es gibt Situationen im Leben, denen wir gern eine Schlüsselbedeutung zuweisen. In ihrer verdichteten Form erschließen sie bisher verborgen gebliebene Lebensbereiche. Am 28.11.1993 gab es für mich einen solchen erhellenden Augenblick. Reinhold Mokrosch hatte seine zwei Mitstreiter für eine empirische Wertforschung überraschend am Freitagabend zum Fußballspiel des VFL ins Stadion An der Bremer Brücke eingeladen. Obwohl schon seit mehreren Jahren im Wettstreit um die Erforschung von Moralauffassungen miteinander verbunden, wurde erst am diesem Abend deutlich, welche integrierende Bedeutung ein Fußballspiel für eine Forschergruppe haben kann. Der Philosoph in dieser Runde zeigte sich als fachkundiger VFL-Fan, der Sportwissenschaftler mußte sich schon aus beruflicher Sicht engagiert zeigen und der Religionspädagoge gab dem Abend seinen interpretativen Stempel. Als in der Ostkurve nach dem Führungstreffer der Osnabrücker die Wunderkerzen angezündet und sie im Rhythmus des Anfeuerungsgesanges hin und her bewegt wurden, platzte es aus ihm heraus: „Das ist ja wie in der Kirche – nein, es ist in der Form von Ergriffenheit mehr als wir es dort vermögen“ – Woraus sich die ironisch-nachdenkliche Frage ergab: „Ist der Sport die Religion des säkularen 20. Jahrhunderts?“

Damit sind wir vom unschuldigen Anlass „Fußball“ gleich zweimal in höchst problematische Bezirke abgedriftet. Der Samstag soll uns wieder vom Kopf auf die Beine stellen, selbst Adornos Diktum, das alsbald auftauchen wird,  werden wir hoffentlich rechtzeitig abstreifen:

Denn zum Sport gehört nicht nur der Drang Gewalt anzutun, sondern auch der, selber zu parieren und zu leiden … Es prägt den Sportgeist nicht bloß als Relikt einer vergangenen Gesellschaftsform, sondern mehr noch vielleicht als beginnende Anpassung an die drohende neue … (ADORNO 1997, 43)

Lassen Sie uns den Vortrag zu den allermerkwürdigsten Aspekten von Spiel und Sport hinter uns bringen! Der Titel: Der Sport – die Religion des 20 Jahrhunderts? Autor: Prof. Dr. Elk Franke. Nachzulesen: HIER.

Neue Ernüchterung 14. August 2015

Eine letzte Saison der Vernunft (Kommentar von Olaf Kupfer in der WZ)

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Denn was Fußball-Romantiker[n] den Atem raubt, wird nach dieser Saison wahr: Getrieben von den wahnwitzigen Verhältnissen in England, wo die Clubs der Premier League dank einer exorbitanten Pay-TV-Vermarktung über vielfache Einnahmen der Bundesligisten verfügen, bricht auch die deutsche Liga (DFL) auf zu neuen Ufern: Extrem zersplitterte Spieltage werden schon bald die hektische Betriebsamkeit der Spitzenclubs rahmen, noch mehr Geld zu generieren – um nicht abgehängt zu werden.

Verrückte Verhältnisse kündigen die Manager für den Sommer 2016 an: Von einer Abwanderungswelle gen England ist die Rede. Und von einer Gehaltsexplosion für Spitzenspieler. Vom Ungleichgewicht des Weltfußballs. Da wollen wir es uns doch noch mal gemütlich machen und eine letzte Saison der Vernunft feiern.

Quelle Solinger Tageblatt 14. August 2015 Seite 2 / im Volltext nachzulesen als Leitartikel der Westdeutschen Zeitung WZ HIER.

Bayarena Live 15.26 h  20150815_152634  BayArena Spielunterbrechung 20150815_160754 BayArena Ecke 20150815_164442  BayArena Alleingang 20150815_163209  Fussball x Leverkusen Hoffenheim 15 August 2015

15. August BayArena 15.30 bis 17.15 Uhr Leverkusen:Hoffenheim 2:1 (Handy-Fotos JR)