Archiv für den Monat: Juli 2016

In „Bachs Welt“ hinein per Internet

Endlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen (oder was hat man auf den Ohren?): Ich muss dieses Buch vor dem Computer lesen, um mit gleichbleibendem Interesse dabeizubleiben, – das läuft nur über die Musik, nicht über die endlose Schilderung zahlloser Schlachten, Gräuel und Gemetzel. Ab sofort versehe ich jeden Bach mit seiner Ordnungszahl, und jedes genannte Musikstück versehe ich mit einem youtube-Hinweis. Ich vermute, dass der Autor keine Musik beschreibt, die nicht als Aufnahme vorliegt (absurd wäre, wenn er sich nur an Notenleser wendete).

Also, der erste Schritt ist der, die im Buch genannten Bache mit den Zahlen der im Anhang des Buches gegebenen Ahnentafel zu versehen. Ich befinde mich am Ende des Kapitels zwei, Suhl interessiert mich von vornherein weniger, vielleicht deshalb, weil ich den Städtenamen nur von Hinweisschildern auf der Autobahn kenne und von einem unsäglichen Schlager („ja die Ober-suhler Blasmusik“). Als ob Hagedorn es geahnt habe, beginnt er sein Kapitel mit der Frühgeschichte des Planeten Erde. Das scheint so grotesk, dass ich länger dabei verharren musste, nicht ohne zu lächeln. Aber ja doch! Es ist richtig, unseren Jahrtausend-Bach in diesen großen Kontext zu stellen, und nochmals: JA. Unseren Bach Nr. 24.

Hagedorn Stammbaum

ZITAT

Die Kontinentalplatten haben sich ineinander verkeilt, gequetscht, aufgestaucht zu Fünftausendern im äquatornahen Thüringen. 360 Millionen Jahre ist das her. Neunzig Millionen Jahre später senkt sich das Gelände. Vulkane brodeln, ein tropisches Meer dringt herein, in das Magma quillt, Metalle werden ausgefällt, Eisen, Kupfer, Silber, Mangan, Gold, in weiteren Millionen Jahren von Ablagerungen bedeckt. Wieder hebt sich die Erdkruste, noch 65 Millionen Jahre bis heute, der Thüringer Wald wird erkennbar, aber noch lange kein Mensch, während die Saurier längst verrottet sind. Was Europa wird, ist vom Äquator nach Norden gewandert. Die Zeit rast, nur noch viertausend Jahre bis heute (…).

Meine Güte, wann wird er auf Bach kommen, wie der Pastor in der volksnahen Predigt endlich auf Gott? Sein Ziel aber ist Suhl! Waffen aus dem Eisen der Bergwerke dieser Stadt! Und dann der ganze 30jährige Krieg und die Pest. Und vor allem Bach 4 und Bach 5, und mit dem letzteren werden wir bald bei den Zwillingen 11 und 12 sein, von denen der erstere Johann Sebastian Bachs Vater werden sollte. Doch gemach!

Ich warte noch auf die andere Linie, aus der Bach 13 hervorgehen soll, der genau 300 Jahre vor meiner Generation geboren wurde (1642) und fast am selben Tag wie ich: Johann Christoph, dessen Lamento ich nie ohne Erschütterung hören werde. Als sei es gestern geschrieben worden: wer es nicht kennt, muss es hören und jetzt jede Lektüre unterbrechen. (Für später: Das Lamento wird bei Hagedorn auf den Seiten 125 bis 127 behandelt.)

ZITAT

Johann steht auf. „Ich zeig dir was.“ [Nr. 4 wird seinem Bruder Nr. 5 eine selbstgeschriebene Partitur zeigen]

Mit einigen Notenblättern kehrt er zurück, frisch liniert und beschrieben. Christoph liest. Sechs Stimmen. „Unser Leben“. Zweimal werden die Worte zu Anfang gesungen, in großen Akkorden. Zuerst c-Moll, mit kleiner Bewegung der Mittelstimmen zu G-Dur erleichtert, von dort in einem großen Schritt zu Es-Dur, ein Schritt, der von alten italienischen Quellen dieser Musik kündet und von einem ganzen Leben.

Spätestens hier ist man begierig, die Musik zu hören, nicht wahr? Es geht über diesen Link. Fortsetzung des Zitates zur gleichzeitigen Lektüre:

Unser Leben, sagt Johann in diesen ersten Takten, ist groß, schwer, reich. Aber es ist auch so leicht, dass es verweht. Aus dem B-Dur lösen sich eilige Noten. „Unser Leben ist ein Schatten.“ Der Schatten verflüchtigt sich nach oben in Sechzehnteln des Soprans, dann des Alts, dann beginnen die Schatten, in Terzen geführt wie Flatterbänder, sogar miteinander zu spielen.

Christoph kennt die Worte, sie stehen im Buch Hiob. „Und was du zu erst zu wenig gehabt hast“, übersetzt Luther, „wird hernach fast zunemen. Denn frage die vorigen Geschlechte / vnd nim dir fur zu forschen ire Veter. Denn wir sind von gestern her vnd wissen nichts / Unser Leben ist ein Schatten auff Erden. Sie werden dichs leren vnd dir sagen / vnd ire rede aus irem hertzen erfur bringen.“ Das alles hört er lesend mit in dem Satz, den Johann in Töne gebracht hat. Aber die folgenden Worte kennt er nicht.

Ich weiß wohl, daß unser Leben

oft nur als ein Nebel ist,

denn wir hier zu jeder Frist

mit dem Tode seind umgeben,

drum ob’s heute nicht geschicht

meinen Jesum laß ich nicht!

Drei Stimmen singen das, die zuvor nicht da waren, „Chorus latens“ hat Johann darüber geschrieben, „versteckt“, Alto, Tenore, Basso. Die andern sechs lösen sie lauter ab, sie wiederholen: „zu jeder Frist“. Und so tun sie es wieder mit der sechsten Zeile. Es sind die Lebenden, die von den Toten lernen, vom kleinen Chor aus dem jenseits, ohne den Glanz des Soprans, des Knabenalters, ein Chor der Väter, der den Söhnen das vorspricht, was sie dann in Zuversicht wenden.

Quelle Volker Hagedorn: Bachs Welt Die Familiengeschichte eines Genies / Rowohlt 2016 / S.95f

Hinzuzufügen wäre vielleicht, dass die zitierten Lutherworte nicht gesungen, sondern von Christoph mitgedacht  werden. Bei dem Liedvers handelt es sich um die 4. Strophe des Chorals von Johann Flittner („Ach, was soll ich Sünder machen“), auf den Hagedorn zu Ende des Kapitels näher eingeht.

***

Ein anderes Werk von dem oben genannten Christoph Bach (13), das Hagedorn im gleichen Kapitel ab Seite 132 behandelt, ist hier zu hören:

Von Johann Christoph Bachs (13) Bruder Johann Michael Bach (14) stammt die Komposition mit dem ostinato-ähnlichen „Halt was du hast“ zu dem Choral „Jesu meine Freude“. Er habe damit „die Höhe seiner Kunst erreicht“, schreibt Hagedorn Seite 135 und referiert ausführlich über die Rolle des Chorals im allgemeinen und insbesondere in diesem Werk:

Nun setzt Johann Michael [14] fort, was bei Johann Bach [4] begonnen hat und bei Johann Sebastian [24] die letzte Höhe erleben wird. Er steigert die Kraft des Chorals, indem er ihn zerlegt. Die Choralmelodie, von anderer Musik unterbrochen, beweist gerade dadurch ihre Bindungskraft, dass die Hörer sie weiterdenken und wieder aufnehmen können, zugleich wirkt sie wie etwas immer Vorhand[en]es, Ewiges, das wie durch Fenster zu erblicken ist. Michael stellt den Zeilen von „Jesu meine Freude“ die von „Halt, was du hast“ gegenüber. Während im Choral auf Ehren und Schätze verzichtet wird, glänzen dort die „Krone“ und das „herrliche Reich“, von dem die Offenbarung des Johannes spricht: „Ich komme bald, halt, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!“ Die Krone steht für das Gottvertrauen.

Mit Bach in Arnstadt und Wechmar

Man könnte argwöhnen, dass es bloße Bildungsbeflissenheit sei, wenn jemand von Bach oder Goethe im wörtlichsten Sinne bewegt wird und ausgetüftelte Autostrecken zurücklegt, in bestimmten Städten endlos hin und her läuft, Berge hinauf, in Landschaften schaut und versucht, all dies zu lesen, wie ein vor 200 oder 300 Jahren geschriebenes Buch: wie hat er das gesehen, wie ist er vorangekommen, zu Fuß, zu Pferd oder mit der Postkutsche? Hat er stark übertrieben, als er schrieb, er sei in in 4 Stunden von Weimar bis (Groß-)Kochberg gelaufen. Wieviel Km sind das??? (Es sind 28! durch Vollersroda, Saalborn, Schwarza, Neckaroda.) Im Fall Goethe – ganz krass – will man aber vielleicht einfach wissen: Hat er nun mit Frau von Stein geschlafen oder nicht? In diesem goldenen Haus oder Käfig, – wenn der Hausherr unterwegs war oder mit seiner stillschweigenden Duldung? Nein, es ist keine Bildungsbeflissenheit: es sind bestimmte Zeilen von Goethe, der „Faust“ in der Tonaufnahme unter Gründgens (1957?) – wir kannten vieles auswendig, freiwillig lernend, auch Gedichte, „Urworte.Orphisch.“ Darunter tat ichs nicht. Oder: Sagt es niemand nur dem (oder den?) Weisen, weil die Menge gleicht verhöhnet, das Lebend’ge will ich preisen, das nach Flammentod sich sehnet. Oder alles, was Schubert vertont hat. Ich denke dein! Von Bach gehen mir durchaus nicht täglich die Kontrapunkte der Kunst der Fuge durch den Kopf, aber jederzeit die unglaublichsten Melodien, z.B. „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ oder der Mittelteil des ersten Satzes der Klavier-Partita in c-moll, – wer außer Bach konnte eine so anmutige und schmerzliche Girlande in die Luft zeichnen? Man höre hier, ich meine ab 1:00, aber bitte nicht ohne den pathetischen Anfang…

Und In diesem Saal des Gasthauses Goldene Henne könnte sich die Familie Bach um 1705 getroffen haben… Oder gegenüber in der Goldenen Sonne…

Arnstadt Thüringer Arnstadt Goldene Henne

Und so soll er damals, als junger Mann, ausgesehen haben? (Nein! ich meine natürlich unten!) –  Der Beschreibung nach könnte er z.B. lässig im Orgelspiel innegehalten und sich zurückgelehnt haben. Vielleicht einer göttlichen Eingebung nachlauschend? Aber ich vermute, zugleich soll betont werden soll, – wieviel Kinder er gezeugt hat. Schweigen wir von Jungfer Barbara. Es ist Markttag. Wir dürfen schwätzen.

Arnstadt Denkmal Arnstadt Denkmal b

Arnstadt Marktstand Arnstadt Markt JR1 Arnstadt Markt JR2  Arnstadt Kneipe Kirche Arnstadt Bach-Kirche JR 1  Arnstadt Bach-Kirche JR 2

Arnstadt Bach-Kirche Altar  Arnstadt Bach-Kirche Leuchter JR

Arnstadt Bach-Kirche Orgel   Arnstadt Bach-Orgel allein

Arnstadt Bach-Kirche Crucifixus 2

In Arnstadt gekauft: das soeben erschienene Buch eines Autors, den ich aufgrund seiner Musik-Artikel in der ZEIT schon lange schätze: Volker Hagedorn. „Bachs Welt / Die Familiengeschichte eines Genies“ Rowohlt Reinbek bei Hamburg Mai 2016. ISBN 978 3 498 02817 8 Preis: rund 25 Euro.

Es geht um die Bachs vor Bach bzw. bis in J.S. Bachs frühe Zeit bei seinem Bruder in Ohrdruf, dazu ein „Krimi-Kapitel“ über die Wiederauffindung des Altbachischen Archivs. Ein künftig für jeden Bach-Verehrer unentbehrliches Buch, fabelhaft kenntnis- und materialreich. Trotzdem oder gerade deswegen muss ich hinzufügen: es ist 400 Seiten lang, und man kann es unmöglich in schnellem Tempo lesen. Immer wieder muss man unterbrechen, zurückblättern, Abschnitte und ganze Kapitel zum zweiten Mal lesen. Der Stil – ich schreibe das schweren Herzens – ist eher gelehrt als journalistisch, obwohl es ja von einem Journalisten stammt, der auch noch ein gefragter Musiker ist. Es liest sich etwas schwierig, ist aber keineswegs schwerfällig geschrieben. Vielleicht müsste man es als Lob fassen: der Mann weiß (zu) viel, er verfügt über eine unendliche Stoffmenge, und man könnte nicht sagen, dass irgendetwas daran überflüssig ist. Mein erster Impuls war: dieses Buch möchte ich diesem oder jenem interessierten Freund schenken, – aber ich würde ihm  gleichzeitig einschärfen: es ist eine Zumutung! Du musst es wirklich lesen wollen. Und möglichst in Eisenach, Arnstadt, Wechmar und Ohrdruf gewesen sein.

Das Buch ist unglaublich sorgfältig geschrieben und lektoriert, trotzdem habe ich innerhalb der ersten Viertelstunde einen Druckfehler korrigiert und gebe es weiter, damit der Fluss nicht durch Zweifel unterbrochen wird: auf Seite 19 Zeile 11 soll es nicht Jahrgang 1655 sondern 1555 heißen. Eine andere Stockung als Beispiel: Auf Seite 31 taucht das Wort Waid auf: da ist die Rede davon, dass die männlichen Reisenden am Stadttor von Gotha „in ein Fass urinieren müssen, ein Wegzoll, der von den Färbern der Stadt zur Fermentierung des Waid gebraucht wird“… Ich kenne das Wort Waid nur vom Waidwerk und mag auf Reisen nicht im Smartphone googeln. Aber auf Seite 47 erfahre ich, wie es am 29. Mai 1613 in Thüringen stundenlang hagelte, dass die Geschosse die Größe von Waidballen erreichten und wohl auch die Dächer in Wechmar durchschlugen. Jetzt ist es soweit, also bitte Wikipedia unter Waid. Nein, Färberwaid ist das richtige Wort. Und dort unter „Verwendung“: „Aus diesem Mus wurden faustgroße Bällchen geformt, die sogenannten Waidballen.“ Aha, nicht etwa Taubenei- oder Golfball- oder Kinderkopfgröße: faustdick kam es! Gut, dass wir mal darüber gesprochen haben. – Aber bei dieser wohlwollenden Mäkelei soll es nicht bleiben. Ich muss als Beispiel eine hochinformative Seite zitieren, die verdeutlicht, dass kein Wort überflüssig ist, wenn man einen komplizierten Sachverhalt prägnant und in aller Kürze darstellen will. Vielleicht wird man nur in eine etwas übertriebene Erwartungshaltung gelockt, wenn das Buch gleich mit einem Überfall von Wegelagerern auf den Stammvater Veit Bach und seine Söhne begonnen hat. So kann es unmöglich über 400 Seiten weitergehen, bei solch einem Stammbaum, – den man vor dem rückwärtigen Buchdeckel studieren kann. Man lese doch als erstes das Kapitel Nachbemerkung Seite 397 ff.

Bach Hagedorn a  Hagedorn Bach Inhalt 1  Hagedorn Inhalt 2

Wechmar Landschaft Überfall?

Bachhaus-Suche Wechmar St. Viti (Veit!) Kirche in Wechmar (s.a. hier)

Wechmar Bach-Haus Das Stamm-Nest „unserer“ Bachs in Wechmar

Wenn man das obige Foto anklickt, erkennt man auf dem zweiten Dach ein Storchennest. Es befindet sich in Wirklichkeit auf dem weiter entfernten Schornstein der „Alten Mälzerei“.

Wechmar Störche  Wechmar Bach-Haus Plakat

Der unter dem folgenden Link erreichbare Zeitungsnotiz über einen Storch mit dem Namen Sebastian stammt offenbar vom Mai 2011: hier.

Wechmar Bach-Haus ER

Wechmar Bach-Haus Landkarte

Wechmar Umgebung Überfall!

Das Wort Überfall bezieht sich auf den Anfang des Buches von Volker Hagedorn „Bachs Welt“: da erfindet der Autor tatsächlich einen Überfall auf den ins Heimatdorf zurückkehrenden Veit Bach mit seinen Söhnen. Die Szene hätte damals in einer extrem unsicheren Welt durchaus stattfinden können; ich stelle sie mir gern in dieser friedlichen Landschaft vor. Überhaupt lese ich alles noch einmal und bereue, was bisher an Mäkelei durchschien. Absurd und kleinkariert finde ich die Kritik, die sich ein Rezensent der Zeitung DIE WELT erlaubt, referiert bei Perlentaucher:

Martin Ebel gefällt, wie der Musikjournalist Volker Hagedorn den Alltag der Musikerfamilie Bach nacherzählt. Dass der Autor mitunter fremde Quellen einmontiert, um Lücken zu füllen und es ein wenig lebendiger werden zu lassen, kann Ebel ihm verzeihen, zumal der Autor den Leser ja nicht im Zweifel lässt über sein Vorgehen. Nicht immer interessiert Ebel, was Hagedorn auf seinen Recherchereisen so alles erlebt hat, aber das Musikleben in Arnstadt, Erfurt, oder Eisenach und die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, die Pest-Zeit auch, all das kann der Autor ihm farbig und alltagsnah kredenzen, sodass der Rezensent meint, dabei zu sein. Das tröstet ihn darüber hinweg, dass es für Experten nichts Neues in Sachen Bach nachzulesen gibt. Interessierte Laien kommen in jedem Fall auf ihre Kosten, versichert er.

Was für ein Experte hat denn hier den Experten gespielt??? „Nichts Neues in Sachen Bach“ für Experten, die sich die Wirklichkeit der Bach-Welt vergegenwärtigen wollen? Ist es denn nichts, wenn man „meint, dabei zu sein“??? Und welcher Experte weiß denn, in welcher Form die Realität damals von Musik durchdrungen war (Seite 23!) und wie sie sich in so einzigartiger Form kondensieren konnte? Schon nach den ersten beiden Kapiteln weiß man mehr, fühlt man mehr, als nach zwei Semestern Musikgeschichte, indem man nämlich das Kräftegemenge spürt, das damals in Thüringen und weit darüber hinaus wirkte. Oder wenn es um Italien geht:

Das alles sind nicht Taten einsamer Genies, sondern dicht vernetzter Geister, die auch Traktate schreiben, unzählige Briefe, über Grenzen und Konfessionen hinweg kommunizieren. Dass einer der größten Erneuerer Claudio Monteverdi ist, Kapellmeister am Markusdom im [sic] Venedig, stört die lutherischen Komponisten nicht. Sie begreifen Musik als gemeinsames Projekt gerade zu der Zeit, da in Deutschland die Heere ziehen und die Barbarei sich ausbreitet. (a.a.O. Seite 60)

Wie wunderbar und ideologisch mutig in einem Sachbuch, das Experten jede Menge an unbekannten oder nur zu wenig beleuchteten Fakten bietet!

Mit Goethe in Kochberg und auf dem Kickelhahn

Kochberg d Ich an Goethes Statt?

ZITAT

Als Ehefrau, Mutter und Hofdame der sittenstrengen Herzogin war Charlotte sehr auf ihren guten Ruf bedacht. Bis dahin wußte der Weimarer Klatsch nichts von irgendwelchen Liebesaffären. Ihre Stadtwohnung lag in der Nähe von Goethes Gartenhaus, aber sie vermied es, ihn dort alleine zu besuchen. Sie empfing ihn in ihrer Wohnung, wo oft die Kinder und andere Besucher in der Nähe waren. Der Ehemann allerdings war meistens abwesend. Auf ihrem Landsitz in Großkochberg stand sie weniger unter Beobachtung. Dorthin zog sie sich bisweilen für Monate zurück. Für die Gräfin Götz liegt der Grund dafür offen zu Tage: „Man sagt, daß Lotte den gesamten Winter auf dem Lande verbringen wird, um die üble Nachrede verstummen zu lassen.“ Vielleicht aber wurde diese gerade dadurch angeregt.

Quelle Rüdiger Safranski: Goethe Kunstwerk des Lebens / Carl Hanser Verlag 2013 (Seite 205)

Kochberg a

Der junge Goethe: „Wenn ich mein Herz gegen Sie zuschließen will, wird mir’s nie wohl dabei.“

Kochberg Goethe Der ältere Goethe in ihren Gemächern? (Nur als Statue.)

Aber: wie sagte doch neuerdings ein Kenner der Geschichte? „Ihre Gefühlskälte macht es schwer zu begreifen, was Goethe an ihr fand.“ (Dieter Borchmeyer hier.)

Übrigens ein gutes Büchlein, das man im Schloss kaufen kann und alles Wesentliche, Belegbare, erzählt: GOETHE bei Frau von Stein / Text: Bernd Erhard Fischer / Berlin 2010 ISBN 978-3-937434-33-9 – dieses hier:

Goethe in Kochberg das Theater drinnen

Kochberg c Theater das Theater draußen

Kochberg 1

Kochberg 2  Kochberg 4

Kochberg 6  Kochberg 3

Bei Safranski (Seite 273f) ist über Goethes Besuch in Ilmenau, – in Bergwerksangelegenheiten -, folgendes nachzulesen: Er besteigt „an einem schönen klaren Spätsommerabend [1779] die höchste Erhebung, den Kickelhahn, wo er in einer Jagdhütte übernachtet. Von dort aus schreibt er an Charlotte von Stein, schwelgt in liebevollen Erinnerungen an sie und schildert ihr, wie er sich in Einsamkeit gebettet habe, um dem Verlangen, der Unverbesserlichen Verworrenheit der Menschen auszuweichen. Daß ihn dort auch ein Brief der Branconi erreichte, verschweigt er; Ihr Brief, wird er ihr später schreiben, hätte nicht schöner und feierlicher bei mir eintreffen können, ihm sei es vorgekommen, als habe sich ein Komet sehen lassen.“ Und Safranski fragt: Die Verworrenheit ? Und meint:

Es war wohl dieses Gefühl, hin und her gerissen zu sein zwischen Charlotte und der Branconi. An diesem unruhigen Abend auf dem Kickelhahn entstand jenes unglaubliche Gedicht der schönsten Beruhigung: [folgt der Text „Über allen Gipfeln“]

Quelle Rüdiger Safranski (wie oben angegeben).

Wir begaben uns auf die Wanderung, um zu sehen, ob das Gedicht noch an der Holzwand der Hütte zu sehen ist, wie man uns erzählt hatte.

Kickel Weg

Kickel 2a  Goethe Kickelhahn

Kickel 5  Kickel 6 Kickel 7 Kickel 8 Kickel 9 Handy-Fotos JR

Kickel xx

Die Ruhe trügt: ich verließ das Häuschen in höchster Eile. (Grund: privat.)

Die alte Stadt und das Fest

Wege an der Rändern der Musik

Rud fest 1 Rud fest 2

Rud fest xx

Rud fest 4

Rud fest 5 Rud fest 6

Rud fest 7

rud fest 9

Rud fest 8

Rud fest 10 Rud fest 21

Rud fest 20 Rud fest 19

Rud fest 22

Rud fest 11 Rud fest 12 Rud fest 13 Rud fest 14 Rud fest 15 Rud fest 16 Rud fest 17

Rud fest 18

Rud fest 27 Schiller und …

Rud fest 24  Rud fest 26

Rud fest 25 … seine Frauen

Rud fest 28

Rud fest 29

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Rud fest 31

Rud fest 32

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Rud fest 44

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Rud fest 49

Rud fest 50 Alle Fotos: E.Reichow

Diese Sicht der Dinge ist zweifellos subjektiv, man muss sich auch die enorme Hitze der Tage dazudenken, das ermattende Herumwandern. Aber ich vermute, die Musik, die Auftritte der Musikgruppen auf den Bühnen und Plätzen, all das wird ohnehin von anderen fabelhaft dokumentiert. Ich empfehle zur Probe eine schöne Reportage aus dem Jahr 2006, als die Bretagne im Mittelpunkt stand: Hier.

Wo mag ich gewesen sein?

Weit im Osten? 

Hier nur zwei Blicke von dort in etwa gleicher Richtung (nach Westen):

Rud 21Uhr15 um 21:15 Uhr

Rud 22 Uhr 02 um 22:02 Uhr

Schauen Sie oben nach rechts unten, unten jedoch nach links oben.

(Jeweils nach dem Anklicken natürlich. Die Lösung des Rätsels folgt unverhofft.)

Immer wieder geht etwas Magisches von diesem Ort aus:

Magic Flute a

Die Vorgänger-CD dieser Neuerscheinung Magic Flute, nämlich Magic Kamancheh, erhielt von der Jury „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“ den Jahrespreis 2015, und ich durfte ihn beim Rudolstadt Festival überreichen, weil viele der hier veröffentlichten Aufnahmen im Zusammenhang mit diesem Festival (oder mit dessen künstlerischem Leiter Bernhard Hanneken) entstanden oder compiliert sind. Auch wenn das von Jürgen B. Wolff gestaltete Programmheft auf den ersten Blick mehr auf Massen-Manie als auf die Magie eines einzelnen Instrumentes ausgerichtet scheint: hier ist Platz für alles.

Rudolstadt Festival Programmheft JR & BH Rudolstadt Preis a Rudolstadt JR & BH

Rudolstadt BH Bernhard Hanneken

Die Auflösung des Rätsels: auf den Abend-Fotos erkennt man die Heidecksburg von Rudolstadt. Hinzudenken muss man sich ferne Trommelklänge, die aus dem Heine-Park herauftönen, hinauf zu einem paradiesischen Ort: der Außenterrasse des Panoramahotels am Marienturm.

Die Stationen meiner Reise waren:

  1. Rudolstadts Festival und Übergabe des Schallplattenpreises
  2. Kochberg, Kickelhahn und Goethe
  3. Arnstadt, Wechmar und der junge Bach

Und von alldem soll in den nächsten Beiträgen mit viel Bildern, Buchhinweisen und wenig Worten die Rede sein.

Marienturm a Marienturm b

Vor Sonnenuntergang am Marienturm (Fortsetzung siehe wieder ganz oben)

Näheres hier . (Ein Widerspruch: „die Seele baumeln lassen“ und „Wenn Sie bei offenem Fenster schlafen, werden Sie von den Vögeln des Waldes geweckt“ – um den 10. Juli herum ist es diese eine Mönchsgrasmücke am Abhang und die andere, weiter entfernt. Unentwegt. Ihre Unruhe macht mir Freude, lässt mir allerdings keine Ruhe, – wie könnte meine Seele baumeln? Dort auch ein Zilpzalp. Ich warte auf die Drossel… im Schlosspark Kochberg werde ich sie demnächst am hellen Tag in schönsten Flötentönen erleben.)

Rud Heidecksburg u Felder

Angenehme Zeitgenossen (und andere)

Trappeto im ST 160707

Nun berichtet auch das Solinger Tageblatt, siehe vollständig hier. Dort auch das Foto (Stefan Morgenstern) in Gänze. Deutschlandlandradiokultur reagierte schon ziemlich früh, siehe hier. Und noch direkter hier.

Ich habe keinen Grund zum Stolz (ich bin ja 1966 selber „zugereist“), aber es ist auch mein Stadtteil Solingen-Ohligs. Ich bin also stolz auf unsere Italiener, weil sie sich bei uns wohlfühlen. Wenn man so will, liegen meine anderen Heimaten (die meiner Eltern) in Lohe bei Bad Oeynhausen und in Roggow bei Belgard (heute Polen). Und jetzt hier.

Themenwechsel – dieselbe Zeitung, derselbe Tag, ein anderer Aspekt: sie suchen keine Heimat, die sogenannten Hassprediger. Heimat und Hass haben nichts gemeinsam. Und was sie dort drüben suchen, existiert nicht. (Soweit ich weiß.)

Salafisten in Solingen direkt ins Solinger Tageblatt

Information über „Heimat“ hier, über „Salafismus in Deutschland“ hier.

Die öffentliche Diskussion über Weltanschauung geht weiter, höher und tiefer:

Weltanschauung ST 8. Juli 2016 Seite 7

Kleiderordnung ST 8. Juli 2916 Seite 8

Und weiter mit anderen aktuellen Themen

Meine liebsten Italiener: Trattoria mediterranea hier / Mamma Rosa hier (Spitzenkoch!)
Das Lokal L’oceano, das man im Film über Trappeto sieht, existiert nicht mehr.

Bei Kurzaufenthalt in Hbf Solingen kann man auch schräg gegenüber vom Bahnhof eine sehr gute Pizza bei „Pinocchio“ bekommen.

Beethovens Neue Einfachheit

Opus 127

(Text noch provisorisch. Oder improvisatorisch. Geht vielleicht weiter, wenn wir wieder proben.)

Ich kenne die Assoziationen, die der Titel dieses Beitrags hervorlockt, und nehme sie in Kauf. In dem Moment, da man einräumt, dass dieser bedeutende Komponist, von dem man Größtes erwartet, nichts besonders Bedeutendes sagen will, hat man die richtige (entspannte) Höreinstellung gewonnen. Gehört dazu nicht auch, dass auf ein Opus von solcher Ausdehnung als op. 128 ein leichtfertiges Liedchen folgt? („Der Kuss“).

Wenn ich allerdings dergleichen schreibe oder lese, wird mir ganz unbehaglich. Denn nichts ist einfach, und neu ist nun auch wieder nichts – oder vielmehr ALLES – nach fast 200 Jahren. Ich kann mich nicht einfach darin einrichten. Oder nicht mehr. Wie verhielt es sich eigentlich mit den Mehrheitsverhältnissen, auf die man in der Wiener Kultur nach 1820 rechnen konnte? Hat das Schuppanzigh-Quartett in den damals vergangenen 20 Jahren nicht für angemessenes Publikum gesorgt? Ist vielleicht bloßes Prestige eher messbar? Waren es dieselben Leute, die nun Rossini und Paganini zujubelten? Gab es eine gemeinsame Schnittmenge? Für 1804 galt vielleicht folgendes:

Es ist denkbar, dass Schuppanzighs Konzertpläne für den  Winter 1804/05 Beethoven dazu [zu neuen Quartetten] anregten, denn durch öffentliche Konzerte war er erstmals für die Verbreitung seiner Kammermusik nicht mehr ausschließlich auf den Wiener Adel angewiesen. Der neuartige, geradezu sinfonische Stil seiner nächsten Quartette lässt erkennen, dass er an die akustischen Verhältnisse größerer Konzertsäle dachte.

Quelle Gerd Indorf in : Ludwig van Beethoven / Die Streichquartette (Hrsg. Matthias Moosdorf) Bärenreiter 2007 Seite 66.

„Verbreitung von Kammermusik“. Muss es nicht in jener Zeit, als sie entstand (und ihre Strukturen passgenau der geistigen Situation der Zeit entsprachen), den größtmöglichen Bedarf gegeben haben? Oder: stimmt vielmehr, dass es zu keiner Zeit eine solche Verbreitung von anspruchsvoller Kammermusik wie heute gegeben, rein zahlenmäßig, während sie zugleich nicht mehr passt ? Ist nur Prestige hinzugekommen oder auch Verständnis? „Einfachheit“ hat damals wie heute letztlich nichts mit dem Verlangen des Publikums zu tun, sondern damit, dass andere Stillagen, Sichtweisen, psychische Verhältnisse, gefühlte Relationen zwischen dem Einzelnen und der Masse in den Vordergrund gerückt sind. Also – Unterforderung als Anreiz!?

Gerade für uns heute scheint klassische Musik besonders schwierig, wenn sie sich einfacher gibt. Wenn sie uns entgegenkommt. Sie soll uns doch adeln, über unser Alltagsniveau (und das der anderen) hinausheben. Der Respekt vor Beethovens „Großer Fuge“ ist immens, aber es ist eine Sache des Ehrgeizes zu zeigen, dass man ihr gewachsen ist. Man will ihr nicht ausweichen. „Wie ein roter Faden zieht sich die Betrachtung der Großen Fuge op. 133 durch die Kapitel dieses Buches“, so liest man auf Seite 154. Daher am Ende die Zugabe der DVD „Ein musikalischer Bilderrausch“. Warum aber sollte man sich nicht – sagen wir – grundsätzlich für die Balance der Quartette op. 59 entscheiden?! Und dort stehenbleiben wollen? Wieso soll ich heute mit Hilfe des Visuellen begreifen, dass sich in einem höchst komplexen und schwierigen Werk „alle Facetten des Alltäglichen finden (…) genauso wie Banales und Erhabenes“? Während ich im Leben eine strenge Auswahl treffe.

Der Rausch der Bilder als Brücke der Erfahrung ist ein künstlerischer Versuch einer zeitgemäßen Annäherung an dieses Werk – offen im Ergebnis wie das Leben selbst.

So klingt in diesem Büchlein die Stimme des Leipziger Streichquartetts. Und gerade durch diesen visuellen Ansatz, in diesem Räderwerk der Bilder und Filmsequenzen, zeigt sich diese Stimme nach fast 10 Jahren als besonders zeitbedingt. Und im Fall des Opus 127  finde ich ganz andere Schwierigkeiten und suche nach ganz anderen Deutungen, rein verbalen vielleicht. Vielleicht bedarf es nur einiger Stichworte, um uns bei falschem Kurs den Wind aus den Segeln zu nehmen, den Rausch der intellektuellen Erwartungen zu mäßigen. In diesem Sinne die folgenden Konsultationen.

Quellen 

Joseph Kerman: The Beethoven Quartets / Seite 229 – 238 / Greenwood Press, Westport Connecticut 1966 (Reprint 1982)

Martin Cooper: Beethoven The Last Decade 1817-1827 / Seite 349 – 358) Oxford University Press / Oxford New York 1970 (Reprint 1985)

Basil Lam: Beethoven String Quartets BBC Music Guides Ariel Music London 1975 Seite 75 – 83

(Hrsg. Riethmüller, Dahlhaus, Ringer) Beethoven Interpretationen seiner Werke  Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1996 Band 2 Seite 278 – 291 Streichquartett Es-Dur op. 127 (William Kinderman)

Gülke, Indorf, Korfmacher, Moosdorf, Platen: Ludwig van Beethoven Die Streichquartette / Seite 91 – 96 / Bärenreiter Kassel 2007

Gerd Indorf: Beethovens Streichquartette / Rombach Verlag Freiburg i.Br. / Berlin / Wien 2. Aufl. 2007

Ich hatte bereits an anderer Stelle aus dem CD-Text ( „Auryn’s Beethoven“ TACET T 126) von Thomas Seedorf zitiert:

In keinem seiner vorangegangenen Quartette hat Beethoven jedoch dem langsamen Satz ein solches Gewicht und eine solche Ausdehnung gegeben wie in den Variationen in op. 127; nie zuvor hatte Beethoven im Kopfsatz eines Streichquartetts auf äußere Dramatisierung des musikalischen Geschehens zugunsten einer alle Stimmen des Ensembles erfassenden Kantabilisierung verzichtet; kein anderes Scherzo war bislang aus so minimalistisch miteinander verstrickten Kleinstelementen erwachsen, kein Schlusssatz schließlich hatte je eine solche innere Ruhe bei äußerer Bewegtheit.

Man mag alle formalen Details und biographische Hinweise aus Indorfs zuverlässiger Monographie entnehmen, inhaltlich Weiterführendes hat mir am meisten das Buch von Joseph Kerman gegeben, indem es Fragen beantwortet, die sich mehr beim Spielen des Quartetts stellen als beim Studium der Partitur. Gerade eine gewisse Ratlosigkeit des Musikers angesichts des ersten und des letzten Satzes führt hier zu  einem positiven Ergebnis. Was hilft eine Kantabilisierung der Musik, wenn ich nicht mit Begeisterung in den Gesang einstimme? Wird nicht alles überboten und ausgestochen durch den langsamen Satz? Und schon sieht man den ersten und letzten als lange Verlegenheiten, wohl wissend, dass das nicht richtig ist.

Ich könnte aber auch bei dem technisch vertracktesten Satz den Hebel ansetzen, bei dem dritten: Scherzando vivace, zumal ich schon länger auf den Rhythmus fixiert war (siehe nochmals hier). Und schon fühle ich mich bei Kerman in besten Händen, wenn er das Ganze überblickt:

Song, not drama, grounds the tender first movement of this quartet, and song, however superbly und strongly molded, inspired the theme and variations of the Adagio. 

Somewhere the later movements had to find a place for another quality – for something tougher, more intellectual, and more disruptive. As Beethoven planned the total sequence of feeling, the Finale was to return to the relaxed simplicity of the opening, leaving only the Scherzo to introduce the essential note of contrast. [Dem Oberbegriff Contrast hat Kerman das ganze Kapitel 8 gewidmet, davor stand Voice, danach kommt Fugue.]

Indeed the Scherzando vivace is one of Beethoven’s most explosive pieces, bursting with energy and malice, crackling with dry intelligence. To make the dance movement the center of tension in a cyclic work was in any case unusual, though something of the sort had been accomplished in the earlier Eb Quartet, Op.74.

Internal high contrast, I think one can say without forcing the case, is the clue to the quality of this movement in itself, as well as to its admirably calculated role within the quartet as a whole. (S.230)

Dies und die nächsten Zeilen, die ich später hinzusetzen werde, reichen, um mich für ein paar Stunden Arbeit zu motivieren, – inclusive sorgfältiges Üben des Scherzando-Satzes…

(Fortsetzung folgt)

LINK ZUR MUSIK HIER (Auch zu den Einzelsätzen!)

And then the Finale: one of Beethoven’s sweetest and simplest-sounding, as well as one oft the most perfectly conceived and executed. The folklike tone is so magical and true, so lively and calm, that one feels solemn to talk about subtleties of construction, long-term harmonic relationships, goals and contrast – all that. But folk accents can sound banal just as easily as enchanting. What sets and assures the tone is the way the musical elements are put together. (S.234)

It is the clownish A♮ that emerges as the final irreducible essence. (S.238)

Jan Reichow: Erinnerung an Fritz Neumeyer (Teil II)

(Fortsetzung von HIER)

Katalog Bad Krozingen Katalog der Sammlung Bad Krozingen

TEXT DES VORTRAGS II

Übrigens darf man sich die Entdeckung und Entfaltung der historischen Aufführungspraxis in den 30er Jahren durchaus nicht als einen Siegeszug vorstellen, der nach dem Krieg einfach fortgesetzt wurde. Diese Musik war ja in gewissen Zirkeln zu Hause, die sich abgrenzten und von den Außenstehenden ignoriert oder belächelt wurden. Man scherte sie über einen Kamm mit Mittelalter-Freaks und Multi-Instrumentalisten der Jugendbewegung wie Peter Harlan, der sich mit der gnadenlosen Verbreitung einfacher Blockflöten und leicht handhabbarer Fideln Freunde und Feinde gemacht hat.

Das berüchtigte Laien- und Kinderinstrument Blockflöte hatte natürlich wenig zu tun mit dem kostbaren Flauto dolce oder gar der Traversflöte der Barockzeit, die man mit Fleiß wiederbelebte, und die Fideln nichts mit den komplexen Viola-d’amore-Typen, die allerdings auch in der neuen alten Aufführungspraxis merkwürdig überrepräsentiert waren. Weshalb eigentlich? Vielleicht dank einer zufälligen Vorliebe im Saarbrücker Freundeskreis. Vielleicht auch nur, weil sie eine gewisse exotische oder auch esoterische Besonderheit ausstrahlten, die von den einen goutiert, von den anderen als blutleer empfunden wurde.

In der Zeit nach dem Krieg, in „meinen“ 50er Jahren galt tatsächlich die Alte Musik, in welcher Form auch immer, als nicht „up to date“, heute würde man sagen als „un-cool“. Große Ausnahme: Bach, in allen Formen, vielleicht auch Händel, und ich hielt meine Telemann-Sonatinen in Ehren. Aufführungspraxis? Man hatte eine vage Ahnung von der Bachtrompete, die eine ganze Aufführung verderben konnte. Man sagte „Terrassendynamik“, es gibt nur laut und leise, ein Bach-Allegro ist „motorisch“, die Geiger lernen den Bachstrich, d.h. Sechzehntel breit, Achtel kurz usw., und wenn man ein Cembalo dabeihaben muss, spricht man gern von einer Nähmaschine. Damals kursierte auch der als humorig empfundene Satz: Cembalo klingt, „wie wenn Ameisen auf Glas pinkeln“. Für mich begann eine neue Dimension, als ich Albert Schweitzers Bach-Buch aus der Stadtbücherei entlieh, wodurch die Kleine Chronik der Anna Magdalena Bach im Handumdrehen entthront war. Ich hörte vom Bach-Bogen, den ich glaubte eines Tages besitzen zu müssen, wenn ich die Solosonaten ordentlich spielen wollte. (Ein Mythos, den Schering und Schweitzer aufgebracht haben.) Und irgendwann hörte ich eine Aufnahme mit Emil Telmanyi, der einen sogenannten Bach-Bogen verwendete, und dachte: so möchte ich nie spielen. Dann begeisterte mich eine Aufnahme des dritten Brandenburgischen Konzertes, ganz besonders der Mittelsatz, da wusste ich noch nicht, dass es den gar nicht gibt: Bach hat ja zwischen die beiden schnellen Sätze nur eine Überleitung von zwei Akkorden geschrieben, die man – so glaubte man – zu einer kleinen Kadenz erweitern kann. Und hier hörte ich nun eine riesige Cembalo-Kadenz, hochromantisch, wie ich fand, gewaltigster Bach, dachte ich, – aber es war – Eduard Müller aus Basel (siehe hier). Jahrzehnte habe ich geglaubt, es müsse Fritz Neumeyer gewesen sein, aber aufgrund der modernen Internetrecherche kann ich mit Bestimmtheit sagen: es war die Archiv-Produktion Februar 1954, Schola Cantorum Basiliensis, Leitung August Wenzinger, und auf dem Cover stand sogar: Cembalo-Kadenz Eduard Müller, aber das besagte für mich nichts, – er war halt der Interpret. (Zu seinen Schülern gehörte übrigens Gustav Leonhardt.) Jedenfalls hörte ich zum erstenmal ein Cembalo, das mir gefiel. Vermutlich habe ich den Klang des Cembalos beim damaligen Stand unserer Wiedergabetechnik gar nicht recht beurteilen können, mir hat die ungewöhnliche Machart gefallen, der Ausbruch aus dem barocken Schema. Vielleicht das, was man später Agogik nannte. Ich habe die Aufnahme wieder aufgetrieben und werde dies Beispiel nachher noch anspielen. Wenn man rückblickend feststellen will, was eigentlich revolutionär war an der Aufführungspraxis alter Musik, wie sie seit den 30er Jahren umgesetzt wurde, war es vor allem der Klangkörper, nicht die Spielart, am auffälligsten bei den Cembali und später bei den Hammerflügeln. Das Verteufelte war: es gab ja dem Namen nach jede Menge Cembali, sogar in jedem Theater, aber nur solche der Firma Neupert, und die waren dem modernen Klavierbau angepasst. Und allgemein war man wohl der Ansicht, „der typische Cembaloklang offenbare sich vor allem in der klanglichen Differenzierung durch die verschiedenen Registrierungsmöglichkeiten“. (Gutknecht S.128). Was ein Irrtum war.

Neumeyer Wege zur Alten Musik Neumeyer Wege Inhalt

Auch Neumeyer stand in direkter Verbindung mit Neupert, jedoch: um an schönere Instrumente zu kommen. Als er 1932 nochmal ein Konzert mit modernem Cembalo erlebte, meinte er dazu genau das, was in unseren 50er Jahren in der Regel unbeirrt weiterlief:

„Was mich gestern abend noch so störte war das dick und roh klingende Cembalo, und die aufdringliche Art, wie es gespielt wurde. Wie froh bin ich, den Kasten los zu sein! Auf diese Weise kommt es, daß das Cembalo so viel Feinde hat: der knallige, drahtige, reizlose Ton der modernen Konzertcembali zerstört alles Feine, Singende, was den alten Instrumenten eigen ist.“

Bemerkenswert finde ich, dass Neumeyer immer vom Singen der alten Cembali spricht, und zwar so, als sei es dem Instrument selbst eigen, und nicht unbedingt abhängig davon, wie es behandelt wird. Das ist kein Zufall: es war in der damaligen Situation fast das schwierigste Problem, original erhaltene Instrumente perfekt zu restaurieren, mit den alten umsponnenen Saiten und mit weichen Lederkielen auszurüsten, und man konnte von den klanglichen Ergebnissen schon jenseits aller „Aufführungspraxis“ begeistert sein.

Das Ideal eines singenden Tasteninstrumentes war ja bis dahin das Clavichord, das Neumeyer besonders liebte. Also ein Instrument, dessen Saiten nicht angerissen, sondern gewissermaßen tangiert wurden, man bleibt über die Taste gewissermaßen mit ihnen in Verbindung. Es hatte allerdings einen schweren Nachteil: man konnte es kaum hören. Es war selbst für einen Raum wie diesen kaum geeignet, man musste mit dem Ohr so nahe sein, wie der Spieler selbst.

MARC:
Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788)2. Andante aus: Sonata VI G-dur Wq 55/6 H 187 
(1765?) 6 Sonaten für Kenner und Liebhaber, 1. Sammlung Leipzig 1779)
Bundfreies Clavichord von Johann Christoph Georg Schiedmayer
(unsigniert), Neustadt an der Aisch um 1785

Der Übergang zu den alten Streichinstrumenten war – auf andere Weise – noch schwieriger, denn jeder glaubte ja, ein altes zu besitzen. Natürlich waren aber alle zu Beginn des 19. Jahrhunderts umgebaut worden! Vielleicht noch wichtiger waren jedoch die Bögen. Neumeyer erwähnt ein Kammerkonzert mit dem bekannten Cellisten Paul Grümmer, der Gambe spielte und zwar – wie Neumeyer hervorhebt – „mit einem richtigen Gambenbogen“. Auf einem Foto, das Grümmers Tochter zeigt, ist allerdings zu erkennen, dass sie den Bogen mit Obergriff fasst, also wie beim Cello. Und zu dieser Art von Tongebung passt, dass der Viola d’amore-Spieler – so Neumeyer wörtlich – spielte wie ein Kaffeehausgeiger. Überhaupt sei alles zu schwülstig und zu dick im Ton gewesen. Ich will keine pauschale Verdächtigung äußern: aber die Streicher waren noch jahrelang himmelweit entfernt von den Konsequenzen, die sich allein aus dem Gebrauch von Darmsaiten und Barockbogen hätten ergeben müssen: Artikulation im kleinmotivischen Rahmen und viel weniger Druck. In Dieter Gutknechts Aufsatz über die Saarbrücker Vereinigung las ich mit Erstaunen, dass der Geiger Ulrich Grehling, später Konzertmeister der Cappella Coloniensis, in Saarbrücken den „bald vollzogenen Schritt vom herkömmlichen zum historischen Instrumentarium“ nicht mitmachte. Man hätte aber auch beobachten können, dass selbst die Leute, die umrüsteten, oft im Prinzip genau so weiterspielten wie bisher. Für mich gab es allerdings ein Schlüsselerlebnis – als wir im Collegium Aureum längst „historisch“ spielten, also zumindest mit Darmsaiten und mit Barockbögen. Es war um die Wende der 70er Jahre, als parallel zu uns im Fuggerschloss Kirchheim das Alarius-Ensemble mit den Gebrüdern Kuijken Aufnahmesitzung hatte. Mit dem Fetisch Klang ging man ja inzwischen fast hausieren, „der goldene Klang des Collegium Aureum“ hieß es in den Werbeprospekten der Schallplattenfirma. Aber dieser Alarius-Klang, dachte ich, ist wirklich unerhört, und meinte wohl doch mehr die Spielweise, den entspannten Klang, die Behandlung des Tempos, die leeren Saiten, die Reduzierung des Vibratos, die Abstrichbetonung, alles was dazugehörte, das war absolut neu – immerhin 40 Jahre nach der Wende der 30er hin zu den alten Cembali.

1) Beispiel-CD Alarius-Ensemble 1973 Rosenmüller Sonata e-moll (3:08), auf youtube hier.

Alarius rück links Alarius rück rechts  Rosenmüller

Foto: Daniela Maria Brandt

1968 hatte es immerhin schon eine Vivaldi LP gegeben, bei der Gustav Leonhardt am Cembalo saß, der 24jährige Sigiswald Kuijken neben dem Konzertmeister Franzjosef Maier, der übrigens mein Lehrer war, und Günther Lemmen, der Mann der ersten Saarbrücker Pioniertaten spielte Bratsche neben Franz Beyer aus München, der holländische Cellist Anner Bylsma war solistisch beteiligt, ein Ensemble aus Vergangenheit und Zukunft, nicht ganz konfliktfrei, – es hielt vielleicht nur dank Dr. Alfred Krings, dem Ideenträger von WDR und Harmonia Mundi, und nur für diese eine Aufnahme zusammen.

Kirchheim Collegium a vorn: Franz Beyer und Franzjosef Maier

Günther Lemmen hatte übrigens auch dafür gesorgt, dass das Collegium Aureum in Saarbrücken in der renovierten Martin-Luther-Kirche auftrat oder zumindest probte, das weiße Gestühl ist mir noch gut in Erinnerung, vor allem, weil der Mann an der Orgel, der mir auch durch seinen Schäferhund auffiel, zu Anfang mit erhobener Hand dastand und rief: „Und hier auf diesen weißen Stühlen / sollen unsre Steiße wühlen?“

Fritz Neumeyer. Später noch einmal, als er seinen alten Freund Günter in den Bratschen erblickte: „Unter all den Luther-Memmen / sieht man auch die Mutter Lemmen!“

Neumeyer gelangen die unvergesslichen und vielzitierten Zweizeiler. Im übrigen ist aber dieser Drang mit Worten zu spielen, Buchstaben oder Reime auszutauschen, Zitate zu verdrehen, das ist unter Musikern so verbreitet, dass man es nicht für Zufall halten kann. Solche Momente ergaben sich gar nicht so selten. Ein Beispiel: Franzjosef Maier sagt: Könnt ihr da etwas mehr dolce spielen. Und Werner Neuhaus aus Köln hakt nach: Franz, was wolltest du mit dem Dolsche, sprisch!? Fritz Neumeyer aber war unschlagbar. Und wenn der Witz herauswill, kommt er, ohne Geschmacksgrenzen, zuweilen gendermäßig völlig unkorrekt: am bekanntesten wurde Neumeyers Anspielung auf eine bekannte Kollegin: „Picht nackend – nicht packend“, besonders wenn man bedenkt, wer das sagt! Oder, wenn er die vibratofähigen Instrumente persiflierte, bei einem Konzert in der Schweiz: „Morgens der Berge schimmernde Weiße, abends der Streicher wimmernde Scheiße.“ Wir wissen, dass Mozart es oft genug noch viel ungenierter trieb, dieser Trazom, wie er sich schon mal selber, rückwärts gelesen, nannte, wenn nicht grade „Ritter von Sauschwanz“. Der Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil brachte 1987 das Buch heraus „Mozart im Innern seiner Sprachen“, in dem er zeigte, wie sich beim Komponisten im Umgang mit Worten und Sätzen die gleiche spielerische Kreativität äußert, die sonst vom musikalischen Genie in Sonaten und Sinfonien ausgetragen wird.

Mozart Ortheil

Bevor wir zur ersten Klaviersonate kommen, die Mozart geschrieben hat, möchte ich drei Klangproben aus einer Aufnahmeserie von Haydn-Sonaten geben, die Fritz Neumeyer in den Jahren 1959 bis 1961 für die Firma VOX in den USA eingespielt hat. Im Beiheft abgebildet sind zwei Instrumente, die wir heute noch hier in der Sammlung vorfinden: welches Cembalo bleibt unklar, das Clavichord jedenfalls stammt von Carl Schmahl aus Regensburg, gebaut im Jahr 1800, (restauriert von Adolf Hartmann aus Berlin und Martin Scholz aus Basel), der Hammerflügel gehörte einst Nannette Streicher, der Tochter von Andreas Stein, dem berühmten Pianoforte-Bauer der Haydn- und Mozart-Zeit. Rainer Peters hat im April hier darüber gesprochen. Also 3 Zitate: Cembalo – Clavichord – Hammerflügel – aus Fritz Neumeyers umfangreicher Einspielung von Haydn-Sonaten 1960 .

2) Beispiel-CD Fritz Neumeyer Haydn 1960 Cembalo Side 1 Tr 2 C-dur / Clavichord Side 3 Tr 4 G-dur / Hammerflügel Side 5 Tr 2 0:18 / 0:30 / 0:14

Natürlich alles zu kurz, aber auch länger wäre nicht lang genug, um sich wirklich einzuhören. Hier ist der Ort, sich auf einen wunderschönen Flügel aus der Sammlung live einzulassen: Mozarts 1. Sonate, Salzburg 1774.

MARC:
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)Sonate Nr.1 C-dur KV 189d (279) (Salzburg 1774) 
Tangentenflügel von Christoph Friedrich Schmahl, Regensburg c.1801

Nun muss man bedenken: nicht jeder liebt diesen Klang, der Mozart vorgeschwebt hat: die Durchsichtigkeit, die Balance zwischen Links und Rechts, Hoch und Tief. Wenn die meisten Pianisten heute auf die Kraft und die Fülle eines modernen Flügel nicht verzichten mögen, dann kommt meist der berühmte Satz: „Wenn Mozart sowas gekannt hätte, wäre er glücklich gewesen.“ Das ist aber völliger Quatsch. Er brauchte für Räume wie diese und für eine Musik, wie er sie auf Tasteninstrumenten hervorzauberte, gerade diese wunderbarsten Klangwerkzeuge seiner Zeit. Dieses Ideal trifft man natürlich nicht, wenn man normalerweise mit Steinway-Schlachtrössern umgeht, man würde ein so empfindliches Instrument nicht zum Sprechen und Singen bringen, sondern nur ruinieren. Es ist eine verrückte Fein- und Klein-Arbeit, die man als moderner Pianist auf sich nehmen muss.

Das gilt übrigens auch für jeden Geiger, und wenn er die teuerste Stradivari besitzt, sie spielt einfach nicht von selbst sauber und leicht, und er kann sich anstrengen, wimmern und vibrieren, dass niemand mehr an die schimmernde Weiße der Schweizer Bergwelt denken mag.

Und in der Aufführungspraxis fingen ja die Diskussionen eigentlich erst richtig an, als man die Instrumente einigermaßen korrekt rekonstruiert hatte, Oboen und Flöten mit nur zwei oder gar keinen Klappen, Hörner und Trompeten ohne Ventile, – wie das geklungen hat, ehe man sie hochschulreif beherrschte! Es waren Riesenhürden zu überwinden.

Dann die Stimmung der Instrumente: wenn man den Flügelstimmer der Cappella Coloniensis fragte, wie er denn die feine mitteltönige Temperierung erzielt, sagte er: „Och, ich stimme das Ding wie jedes Klavier, und am Ende hebe ich es seitlich ein bisschen vom Boden ab und lasse es aufs Podium krachen, – dann ist es mitteltönig gestimmt.“ Wie weit der Scherz von der Wahrheit entfernt war, kann ich nicht sagen. Es war halt schwer, wenn man es genau nahm. Für die Streicher wurde die Intonation eine Riesenaufgabe in dem Moment, wo man auf Vibrato verzichten und die leeren Saiten, fast provokativ präsentieren sollte, auch die E-Saite, die nun nicht mehr aus Stahl war. Das aber kam erst im Laufe der 60er Jahre. In den 50er Jahren hätte ich nirgendwo eine Darm-E-Saite kaufen können. Leittöne wurden nicht mehr – wie früher – zu hoch gespielt. („Lieber zu hoch als falsch“, sagte man früher.) Insgesamt wurde der tiefere Kammerton des Barock eingeführt, so auch in unserem Collegium Aureum, weshalb wir gern selbstironisch von Schlappseilartisten sprachen. Und gerade weil das Hören eine neue Rolle spielte, nannten wir uns schon mal das „Gehörlosenorchester“.

Merkwürdigerweise wirkte sich der neue Elan im Laufe der Jahre auch dahingehend aus, dass die Tempi schneller wurden. Zum Leidwesen Fritz Neumeyers – oder auch umgekehrt: seiner Mitstreiter, die ihn ebenfalls zu beschleunigen suchten. Ich zitiere aus dem Büchlein „Texte zur Alten Musik“ von Eduard Gröninger, dem Vater, oder einem der Väter der Cappella Coloniensis, in der Neumeyer nicht nur für den Generalbass zuständig war, sondern auch für generelle Fragen.

„Gröninger bevorzugte in der Regel für seine Zeit relativ rasche Tempi, während der vermutlich wichtigste Gegenpart im Ensemble, Fritz Neumeyer, ein Mann von außerordentlicher Autorität und Durchsetzungskraft, der hinter seinem Cembalo fast zu schlafen schien, um dann unvermittelt energisch das Geschehen zu bestimmen, immer für einen ruhigen Angang plädierte – eine Einstellung, die sich mit zunehmendem Alter zum Extrem steigerte.“ (Seite 38)

Und dann steht da (es ist die Einleitung der Gröninger-Texte von Robert von Zahn):

„Häufige Meinungsverschiedenheiten gab es auch mit dem unermüdlichen August Wenzinger, die schließlich, noch in den fünfziger Jahren, in offene Streitigkeiten ausarteten, nach denen Wenzinger die Cappella verließ.“

Gröninger Schriften

Ich möchte Ihnen die Extreme des Zeitraums von rund 60 Jahren Aufführungspraxis, die ich miterlebt habe, in zwei kurzen Beispielen demonstrieren, das eine habe ich vorhin schon angekündigt: 1954. Mein damaliger Lieblings-Bach mit Wenzinger und Eduard Müller. Danach Reinhard Goebel und Musica Antiqua Köln.

3) Beispiel-CD 1954 Bach III.Brand.Konz.Wenzinger Adagio (Kad.!) 1:18 + (5:15) ca 0:30

4) Beispiel-CD 1986 Bach III.Brand. Konz. Goebel Adagio (2 Akk.!) 0:09 + „Allegro“ 0:38

Weltrekord! Übrigens hat sich auch Eduard Gröninger mit dieser Entwicklung schwergetan, die er sozusagen selbst mit angestoßen hatte. Ich begegnete ihm noch in den letzten Jahren vor seinem Tod 1990 fast täglich, da er sich auch als Pensionär von seinem WDR-Büro nicht lösen konnte, das von mir aus nur ein paar Türen weiter lag. Und er wusste, dass ich auch bei Goebel eine Weile mitgespielt hatte.

Man vergesse nicht, dass dieser Satz auch wirklich ein Extrem-Beispiel ist und dass Goebel nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er sich nicht nur eine hervorragend informierte Aufführungspraxis angeeignet hatte, sondern dass er auch Inkrustationen auflösen wollte.

Man hört auf Anhieb, dass dieses Tempo nichts mehr mit der unbeugsamen Motorik zu tun hat, die man seit Anfang des Jahrhunderts für Bach-typisch hielt. Zwar nicht ganz zu Unrecht. Aber die Auffassung dieser rastlosen Bewegung verändert sich vollkommen, und zwar geradezu jahrzehntweise. 1950 schrieb Friedrich Blume im Lexikon MGG: „… erst der Spätbarock entwickelte jene Motorik, die … durch ihre unbarmherzige Einprägsamkeit den Hörer überwältigen ließ.“ (MGG I – 1311)

Unbarmherzig?

1960 erschien als Jahresgabe der Internationalen Bach-Gesellschaft Schaffhausen Rudolf Steglichs Schrift über „Tanzrhythmen in der Musik Johann Sebastian Bachs“. Er war nicht der einzige, der die wahre rhythmische Komponente des Barock erkannte, die vom Musiker verlangte, „zur zweckmäßigen und leichten Handhabung der mannigfaltigen Rhythmen zu gelangen“. (Forkel nach Steglich S. 10)

Das sind Tanzrhythmen, Betonungsordnungen, Akzentfolgen, die den Charakter der Musik ausmachen. Sie kennen sicher die Sinfonia aus dem Weihnachtsoratorium, eine Engelsmusik im Siciliano-Rhythmus. Ich sage das nur, damit Sie den leichtfüßigen Tanzcharakter im Ohr haben. Und nun dies: „Alla Siciliana“ im Jahre 1963. Das Saarländische Kammerorchester unter Karl Ristenpart mit Bachs Konzert für drei Cembali, am ersten Fritz Neumeyer.

5) Beispiel-CD Bach 3 Cembali d Ristenpart „Siciliana“ Ristenpart / Neumeyer, Berger, Burr / Orch. 0:34 + Cemb. bis 1:08 (Siehe youtube ab 6:39)

Bach 3 Cembali Siciliana

Die Botschaft von den Tanz-Akzenten hat sich erst sehr langsam durchgesetzt. Als wir mit dem Collegium Aureum und dem Tölzer Knabenchor im Jahre 1973 das Weihnachtsoratorium aufnahmen, sprang er geradezu in Gestalt eines Betonungswahns auf uns über, er kam vermutlich mit den Tölzern direkt aus der Wiener Arbeit mit Nikolaus Harnoncourt, und selbst die Choräle wurden nun von Schwerpunktakzenten durchlöchert. Aber die Sinfonia im 12/8 Takte klang in den Streichern doch schon nach schwebenden und tanzenden Engeln. Und hören Sie nun, in welche Richtung das letztlich ging. Der Beginn desselben Bach-Satzes „Alla Siciliana“ – Sie haben ihn noch im Ohr – mit dem Ensemble Parlando aus Saarbrücken, gut 40 Jahre nach Ristenpart.

6) Beispiel-CD Bach 3 Cembali d „Alla Siciliana“ Ens. Parlando / Codreanu / J.Laukvik / Oster (siehe jpc hier Tr. 11)

Das klingt heute so selbstverständlich,- aber Sie glauben nicht, was für Auseinandersetzungen es gegeben hat, die hier im Hause wahrscheinlich nicht stattfinden mussten: das Triumvirat der Freunde Neumeyer – Junghanns – Tracey war autark.

Ich hatte es schon erwähnt, die holländischen und belgischen Gäste begannen uns in Unruhe zu versetzen, und besonders die Ideen Gustav Leonhardts wirkten wie Zündstoff. Es gab intern z.T. erregte Diskussionen. Und draußen war die Konkurrenzsituation ohnehin ziemlich heftig, wir registrierten, was in Wien geschah, und die Jungen, die nachrückten und eigene Ensembles gründeten, hatten mehr gelesen, von Beginn an ausschließlich „historisch orientiert“ gespielt, sie waren keine Liberos, wie ich mit alter und neuer Geige, romantischer und barocker Spielweise, waren radikaler in ihren Vorstellungen vom Originalklang, erwarteten ihn jedoch viel mehr von der Stilistik als von den kostbaren alten Instrumenten, die einfach selbstverständlich wurden.

Die „Klangrede“ war plötzlich in aller Munde, die Alte Musik, die bisher Originalklang sein sollte, und in Neumeyers Cembalo quasi von selbst zu singen schien, sollte nun vor allem den Mund auftun, um deutlicher zu reden.

Ich erinnere mich an zwei Wendepunkte in meiner Einschätzung: der eine, als wir Wieland Kuijken beim Gamben-Konzert von Telemann begleiteten (Köln Gürzenich) und erlebten, in welcher Weise er ein nicht-romantisches, aber schrankenloses Espressivo oder Affetuoso oder wie auch immer man das nennen kann, zelebrierte und uns dazu animierte, es ihm gleich zu tun.

Das andere war, viel später den jungen Andreas Staier zu erleben, der mit uns ein Mozart-Konzert spielte – und wir kannten „einschlägiges“ Hammerklavierspiel durch gemeinsame Aufnahmen mit Jörg Demus oder Paul Badura Skoda – jetzt aber wie aus einer anderen Welt: ein unerhörtes Rubato, von dem schon oft die Rede gewesen ist, also diese Flexibilität im Takt, bei Mozart wie bei Chopin, aber noch nie so überzeugend umgesetzt wie von Staier. Und ein Drittes, das mir für immer eingegraben ist, als ich in Goebels Musica Antiqua Köln mitspielte, das war am Anfang von Telemanns „Hamburger Ebb‘ und Flut“ die Reinheit der Bläser, diese ungeheuerlich ehernen Klänge, markerschütternd und ins Herz dringend.

Und des weiteren würde ich Robert Hill nennen, der das agogisch befreite Spiel zur Grundlage seines Unterrichts machte und es auch theoretisch durchdachte (Musik & Ästhetik 2015 – siehe hier), wie es letztlich bis ins späte Klavierwerk von Brahms Gültigkeit hat.

Hiill Musik & Ästhetik0001 Musik & Ästhetik Hill Quelle

Es ist für mich eine merkwürdige Koinzidenz, dass Robert Hill, ein Schüler von Gustav Leonhardt, hier in Freiburg seit 1990 als Professor für historische Tasteninstrumente und historische Aufführungspraxis lehrt, wo Fritz Neumeyer 22 Jahre lang als Professor in der gleichen Position gelehrt hat, und dass Hill 1982, ein Jahr vor Neumeyers Tod, den Erwin Bodky Award für Alte Musik erhielt. Ich denke dabei auch an meinen Vater, Neumeyers Studien- und Zeitgenossen, der schon Ende der 50er Jahre an Krebs starb, als er noch immer gehofft hatte, neben der Schule als Pianist, Kammermusiker und Sänger-Begleiter zu reüssieren, während Neumeyer 5 Jahre später sein Waterloo erlebte, als er in Freiburg gerade den Zug bestieg und der Schaffner hinter ihm die Tür zu früh zuwarf, die ihm die rechte Hand fast zerstörte.

Was hat ihn gerettet? Natürlich, der junge Mann aus Gotha, der unbedingt sein Schüler werden wollte, Rolf Junghanns. Aber auch sonst war er bei der eben erwachenden Neuen Alten Aufführungspraxis wieder überall begehrt. So auch von Dr. Alfred Krings, WDR Köln und Harmonia Mundi Freiburg, ein seltsamer Menschenfischer, der wusste, dass Neumeyer auch komponieren konnte und sich für Lothringer Volksweisen begeistert hatte, die ein Pfarrer namens Louis Pinck seit 1914 gesammelt und bis 1940 veröffentlicht hat. Neumeyer war mit ihm befreundet und kannte sogar noch einige der alten Sänger und eben diesen unerhörten Schatz von Liedern. Krings ermöglichte die erste Produktion, den Text zur Schallplatte schrieb Rolf Junghanns und auf dem Cover ist ein handschriftlicher Zettel abgedruckt: „Herrn Fritz Neumeyer, dem ersten und besten Bearbeiter der Lothringer Volkslieder, in Erinnerung an den Sammler, Dr. Louis Pinck. Angelika Merkelbach-Pinck. Im August 1941.“ Das war die jüngere Schwester des im Jahr zuvor verstorbenen Sammlers.

Neumeyer LP Lothringen Cover Holzschnitt von Henri Bacher (1890-1934)

Eins meiner Lieblingslieder vom ersten Tag an war die Ballade vom Lindenschmied, die auf eine seltsame Weise mit dem aufrechten Menschen Neumeyer kontrastierte und – harmonierte. Gesungen wurde es von Altmeyer, Theo. Nur ein kurzer Ausschnitt daraus, bemerkenswert in all diesen Bearbeitungen ist die Instrumentation

7) Beispiel-CD Lothringen: Lied vom Lindenschmied 5:17 (gekürzt 2:13)

Eine sehr merkwürdige Sache ist es mit Neumeyers eigenen Kompositionen, den spartanisch gesetzten Marienlieder etwa, oder dem Zyklus „Das Herz des Wortes“ , nach den seltsam-frommen Versen seines Freundes Konrad Weiß. Es gab böse Zungen, die gesagt haben, der Dichter sei schizophren. Worauf Fritz Neumeyer auf seine Art reagierte: „Ist er wirklich schizophren? Macht ihn doch Onkel Fritz so schön!“

Von Konrad Weiß stammt auch der Text „Das Linnen“, hier gesungen von Magdalene Schreiber, Sopran, Ulrich Grehling spielt Violine.

8) Beispiel-CD Fritz Neumeyer: „Das Linnen“ 3:09

Ich muss Ihnen noch eine Geschichte erzählen: Es wäre sicherlich übertrieben, wenn ich mich als alten Freund von „Onkel Fritz“ bezeichnen wollte. Aber irgendwann hat er mir in seinen letzten Jahren das Du angeboten und die Lizenz, „Onkel Fritz“ zu sagen, in Holland, bei der Nachfeier eines Collegium-Konzertes, wir haben alle gut getrunken, und er hat immer wieder, wenn er mit jemandem anstieß, auf eine bös verschliffene Weise gesagt (was ich jetzt nicht nachmache): Ich heiße Onkel Fritz. – Ein letztes Mal habe ich ihn getroffen, als meine Frau und ich ihn nach einem Collegiums-Konzert in Brühl, mit anschließendem Empfang, zurück ins Kölner Hotel brachten. Er hatte nicht viel getrunken, dazu war gar keine Zeit, aber er war in Hochstimmung und begann – ich weiß nicht, wie er dazu kam – von seiner Mutter zu schwärmen. Sie habe die Schönheit angebetet, und das habe er von ihr geerbt. Sie selbst sei wunderschön gewesen, und auch ihr Dienstmädchen. Er geriet in gesteigerte Emphase und sprach in einem feierlichen, und doch fast weinerlichen Ton, im gleichen Ton hat er übrigens in einer WDR-Sendung die Texte zu den Lothringischen Volksliedern vorgetragen. Wir waren etwas ergriffen oder gerührt und verstanden ihn gut.

Ich weiß nicht, ob ich das angemessen wiedergegeben habe. Damals hatte ich einiges über Psychologie gelesen, und es war naheliegend, sich etwas über Mutterbindung und ähnliches, über die Bedeutung der Jungfrau Maria in der Christlichen Weltanschauung zusammenzureimen usw., aber das schien mir alles unbedeutend, angesichts dieser fast kindlichen Gedenkrede eines alten Mannes auf seine Mutter, während einer Autofahrt.

Eines seiner Lothringischen Lieder, das ich besonders liebe, hat er in Oktaven singen lassen, Männerstimme und Frauenstimme: „Ist das nicht der Morgenstern, der vor dem Tag aufgeht? Er leuchtet so manchem Jungknaben, der so heimelich freien geht. „Wo gehst du denn hin freien / Mit deinem stolzen Gang?“

9) Beispiel-CD Lothringen: Der Morgenstern 4:38 (gekürzt 2:59)

Ein vorletztes Wort noch zum Originalklang bzw. Original-Instrument. Es kommt nicht von mir, sondern von Reinhard Goebel, Gründer und jahrzehntelang Erfolgsgarant der Musica Antiqua Köln, einem der bekanntesten Ensembles der historisch informierten Aufführungspraxis, jetzt ist er Dirigent und arbeitet mit jedem guten Orchester, ob original, originell oder konventionell, und er sagt:

10) Beispiel-CD Statement von Reinhard Goebel: „ Aber man kann in keiner Weise sagen, dass … alte Musik an das Instrumentarium gebunden ist. Nach wie vor ist es der Musiker, der die Musik macht, und nicht das Instrument! Und es gibt sicherlich Kompositionen, Zeiten zwischen Monteverdi und Bach, die sicherlich mehr des Originalinstrumentariums bedarf [bedürfen] als die Musik nach 1750. Also meine Toleranzschwelle ist da jedenfalls relativ groß.“ 1:06

Man kann das so sagen, besonders wenn man Dirigent ist und das Sagen hat. Vom Tasteninstrument her sieht man die Sache ganz anders: es ist gut, sich gerade vom Originalinstrument belehren zu lassen. Neumeyer sprach vom Singen des Instrumentes, andere betonten das Rubato, die agogische Freiheit, das Rhetorische gegen das Motorische. In der Musik-Geschichte und -Gegenwart ist heute eigentlich Raum für alles: kürzlich habe ich mir eine Opern-Aufnahme mit dem Collegium aureum aus 1969 wieder zugänglich gemacht, „La Serva Padrona“ von Pergolesi, nur um mir den Cembalisten Neumeyer in Erinnerung zu rufen und sein teuflisches Lachen zu hören — hier ist die Szene; am Ende sagt Serpina:„E di serva divenni io già padrona!“ – „Und von der Magd wurde ich so zur Herrin!“ Und Neumeyer vollendet das Resümée mit einer zierlichen Tonleiter aufwärts.

11) Beispiel-CD Zitat aus „La Serva Padrona“ von Giovanni Battista Pergolesi. Nach Umbertos Aria (38:00) beginnt „Onkel Fritz“ zu trampeln, bei 41:06 „or io la sposerò! / Mi dia la destra“ hört man ihn lachen. 42:12 Tonleiter aufwärts im Cembalo (nach den Worten „E di serva divenni io già padrona!“ – „Und von der Magd wurde ich so zur Herrin!“) Zur Musik geht es hier!

Und nun ein letzter Sprung von Pergolesis „La Serva Padrona“ 1733 zu Carl Maria von Weber im Jahre 1812, sechs Jahre vor dem „Freischütz“: das wunderbarste Espressivo seiner ersten Sonate und dann – als Antidepressivum und Vorahnung eines motorischen Zeitalters – das Finale derselben Sonate, ein Perpetuum mobile.

MARC:
Carl Maria von Weber (1786-1826) 2. Andante 4. Presto (Perpetuum mobile)
aus: Sonate Nr.1 C-dur op.24 J. 138 (1812) 
Hammerflügel von Conrad Graf, Opus 1068, Wien 1826/27

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NACHTRAG 6. Juli 2016

Im neuen Heft der Zeitschrift Musik & Ästhetik gibt es einen in unserm Sinne besonders bedenkenswerten Nachruf auf Nikolaus Harnoncourt. Autor: Gustav Falke. Ich zitiere die Einleitung:

In kaum einem Gedenkartikel und kaum einer Konzertkritik fehlte der Bezug auf einen Gedanken, den Nikolaus Harnoncourt seinerseits in fast jedem Interview und fast in jedem Aufsatz betonte: Wir können alte Instrumente nachbauen und Spieltechniken rekonstruieren, aber wir können nicht mit den Ohren der Alten hören; der Musiker ist ein Mens ch der Gegenwart, er kann überzeugend nur vortragen, was ihn selbst überzeugt; wer Musik macht, interpretiert. Wohl die meisten Kritiker, zumindest in früheren Jahren, haben das so aufgefasst, als ob er, Harnoncourt, doch selber zugäbe, auf die historische Aufführungspraxis komme es doch gar nicht an. Das wirkte dann schnell, als ließen sich bei Harnoncourt auch Darmsaiten und Glockentöne ertragen, weil es eben gute Interpretationen seien. Aber so hatte Harnoncourt das gewiss nicht gemeint. Selten mitzitiert wurde, womit er seine Ausführungen beschloss: ein heftiger Widerwille gegen das scheinbar untrügliche Gefühl der ausführenden Musiker. Indem er Instrumente, Spieltechniken, gar die Ausführungsbedingungen zum Notentext hinzunahm, wollte er diesem Gefühl Hemmnisse in den Weg legen, sich sein Verstehen schwer machen – eben weil er davon ausging, in den Werken gebe es mehr zu verstehen als das, was wir ohnehin schon wissen.

Worin aber bestand dann die Interpretation? (…)

Quelle Gustav Falke: Zum Tod von Nikolaus Harnoncourt. Musik & Ästhetik Heft 79 Juli 2016 Klett-Cotta Stuttgart (Seite 69)

Jan Reichow: Erinnerung an Fritz Neumeyer (Teil I)

Schloßkonzerte Bad Krozingen

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Schloßkonzerte Bad Krozingen Termine Screenshot

26. Juni 2016

Vortrag und Konzert

Was ist aus der Vorstellung vom Originalklang geworden?

(J.Marc Reichow an den Clavieren)

Text JR

Ich muss mich vorweg entschuldigen:

Wenn ich hier über Fritz Neumeyer reden werde, dann nicht, weil ich ein ausgewiesener Neumeyer-Kenner bin oder mich zum Biographen aufschwingen will. Unsere Wege haben sich verschiedentlich gekreuzt, allerdings nur innerhalb eines engen Zeitraumes von etwa 10 oder 15 Jahren. Trotzdem werde ich auch über mich selbst reden müssen, einfach als lebendes Beispiel, nicht um mich im Schatten des Namens Neumeyer mit Bedeutung anzureichern.

Ich habe Rolf Junghanns persönlich gekannt, wenn auch nur flüchtig. Bradford Tracey begegnete ich bei einer Italien-Tournee des Collegium Aureum, in dem ich als Geiger mitwirkte, er spielte brillant das Cembalo-Solo im 5. Brandenburgischen Konzert. Auch an einige lustige Gespräche erinnere ich mich deutlich, z.B. als er von Bachs Fingersätzen sprach, die er mit seinen Studenten in Berlin erarbeite. Und ein Geigen-Kollege rief mutwillig dazwischen: „Bachs Fingersätze spielst du, ohne Daumen? Ja, das hört man!“ Und er parierte schön: „Nein: mit!! Bach war es doch grade, der den Daumengebrauch propagierte, mein Lieber. Saubere Töne auf der Geige, ohne Daumen mit nur 4 Fingern, sind viel seltener, pass auf, ich sitze ganz in Deiner Nähe.“ Er hatte genauso wie Fritz Neumeyer Sinn für Späße, und er nahm es nicht übel, dass wir ihn statt Bradford Tracey schon mal „Forcy Trittbrett“ nannten. –

Er war weiß Gott kein Trittbrettfahrer, sondern ein hochbegabter Cembalist, der eine vielversprechende Zukunft vor sich hatte. Und nicht älter wurde als Mozart. – Doch zunächst ein Auftakt mit Musik: eine Toccata von Jan Pieterson Sweelinck. Marc, mein Sohn, spielt auf einem Spinett… es ist der sorgfältige Nachbau eines Typs von etwa 1550… also nicht Marc, sondern dieses Spinett, das der Komponist gewissermaßen noch selbst gespielt haben könnte. Die Saiten werden wie beim Cembalo mit einem Kiel angerissen, „il spino“ heißt „der Dorn“, es soll aber auch einen venezianischen Instrumentenbauer namens Spinetti gegeben haben…

MARC:
Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) Toccata 5. toni (C3)  SwWV 284

Für mich ist dies ein besonderes Ereignis, dass Marc hier auf Instrumenten mit einer solchen Geschichte spielt, und ich habe fast ein schlechtes Gewissen, dass ich auch zum Reden verpflichtet bin. Aber dieser Wechsel der Generation gehört ja sozusagen zur heutigen Dokumentation. Denn erstens spielt Marc bei sich zuhaus nicht nur Cembalo oder Hammerklavier, sondern auch den alten Bechsteinflügel meines Vaters. Ich habe darauf verzichtet, jawohl, und zwar – leichten Herzens, weil es bei ihm einfach viel besser läuft und besser klingt. Außer vielleicht in den allerersten 5 Jahren, als er noch mein Schüler war.

Fritz Neumeyer gehörte zur Generation meines Vaters, Jahrgang 1901, Neumeyer ein Jahr davor. Und ich war völlig überrascht, als ich bei der Durchsicht alter Ordner entdeckte, dass die beiden sich beim Studium in Berlin begegnet sein könnten. Und zwar genau zwischen November 1921 und Juni 1923, beide mit Berufsziel Kapellmeister, sogar beim gleichen Klavier-Professor James Kwast und beim gleichen Dirigier-Professor, der zugleich Direktor des Stern’schen Konservatoriums war: Alexander von Fielitz. (Siehe im Detail hier!)

Sie müssen sich also begegnet sein, aber ich vermute, sie lebten in verschiedenen Sphären, vor allem, wenn Neumeyer das Gespräch auf die eigne kompositorische Arbeit gelenkt hätte: seine geistlichen Gesänge, seine Marienlieder. Als Neumeyer 1923 seinen Theaterdienst in Saarbrücken antrat, war er zwar zunächst begeistert:

„Ich bin jetzt Solorepetitor am Stadttheater und sitze in den Proben hinter dem Kapellmeister und schaue in die Partitur und gebe aufs Dirigieren acht.“ Im Februar 1924 schreibt er über eine Aufführung von Mozarts Don Giovanni:

„Ich habe die Recitative am Klavier begleitet [am Klavier!]. Man muss höllisch aufpassen. Ein bissel zu improvisieren macht mir riesigen Spaß. Durch etliche musikalische Spässe in den Buffo-Szenen habe ich unsere Musiker zum Schmunzeln gebracht.“ (Seite 63)

Da ahnt man schon den späteren Neumeyer. Aber als im Herbst die Theatersaison wieder beginnt, meint er:

„Das ganze ‚Musikleben‘ in seiner Sinnlosigkeit ist mir mehr und mehr zuwider. Ausnutzen lasse ich mich nicht mehr, von 10 bis 1 Proben, was darüber ist gegen Bezahlung, auch der Bühnendienst.“ (Seite 71)

Dazu kam die wirtschaftliche Notlage in jener Zeit, wenige Jahre nach Kriegsende [das Saargebiet blieb ja 1920 bis 35 zwecks Kohlegewinnung aus dem Deutschen Reich herausgelöst]:

„Der Frank steht 100, der Dollar 1200 [lies:12hundert], daß die Welt noch steht mich wundert. (…) Überhaupt: Zustände sind hier, Zustände! Berlin ist noch ein Paradies gegen die Saarmetropole. Die Atmosphäre treibt Giftblasen. Wenn die mal platzen. Wohl dem, der den Atem lange auszuhalten vermag, d.h. wer den wirtschaftlichen Niedergang übersteht. Zum Kaufmann tauge ich nicht, da braucht man wieder einen besonderen Riecher, der mir fehlt, sonst bliebe ich überhaupt hier. – [Anspielung auf die Weinhandlung seines Vaters!] (…) der Himmel schenke mir klavierspielbedürftige Chinesinnen. Es dürfen auch Amerikanerinnen oder Jüdinnen sein. Aber deutsche – ! Ich meine, das Mal der Knechtschaft müsse uns allen auf der Stirn zu lesen sein! Diese vertiert-stupid-brutal-gierig-verängstigten Gesichter, die man hier sieht! Ein Brot kostet 135 Mark (gestern, heute sicher mehr) …“

Das war Ende 1923. Meinem Vater ging es wenig besser, obwohl oder weil er sich auch auf den Kapellmeisterberuf fixierte; seine Stationen waren die Theater in Bielefeld, Lübeck samt Kurbetrieb in Travemünde, und schließlich Stralsund. Wahrscheinlich bot sich keine echte Perspektive. Aus welchen Gründen er sich dann entschloss, noch einmal zum Studium nach Berlin zu gehen, wurde in unserer Familie etwas geheimnisvoll umschrieben. („Damals begann ja die Tonfilmzeit…“, was wohl heißen sollte, dass die Leute nicht mehr ins Theater gingen?) Zudem kam 1929 die Weltwirtschaftskrise. Mit fast 30 Jahren begann er Schulmusik zu studieren, er wollte festen Boden unter die Füße bekommen. Auch das Klavier trat wieder in den Mittelpunkt, er begleitete den berühmten Leo Slezak in verschiedenen Konzerten.

Neumeyer hatte sich von Anfang an, neben dem Komponieren, mehr aufs Begleiten konzentriert, das Theater nervte ihn, und mir scheint, er hat mindestens ebenso wenig reüssiert; er war Mädchen für alles und schreibt an seine mütterliche Freundin Cläre Massatsch:

„Du fragst, wievielter Kapellmeister ich bin, ich habe am Theater keine Nummer. Man hat es gewagt, mich mit der schwierigen (bitte nicht schmierigen zu lesen, was aber vielleicht doch nicht so unsinnig wäre) Musik zu „Peterchens Mondfahrt“ zu betrauen (oder zu belästigen).“ Und in demselben Brief vom 17. Nov. 1924 sagt er’s unverblümt: „Der Nutzen dieser Theatertätigkeit ist finanziell und in Bezug auf Lernen gleich Null. (…) Mir ist, als müsse ich jeden Tag in einer Jauchegrube baden.“ 1926 erwähnt er, dass er am Theater die ganze Arbeit macht – „bis aufs Dirigieren, das die Anderen besorgen“. Gerade als er wieder eine Sängerin zur Extraprobe erwartet, am 16. Mai 1926, beendet er seinen Brief mit folgenden Worten: „Gleich muß ich mit Frl. Geil, die ihren Namen mit Recht führt und mich recht gern verführen möchte, ein bissel ‚Carmen‘ arbeiten für 15 fr die Stunde. Mir wird übel und ich schließe…“

Die arme Sängerin!

Ende der Spielzeit hört Neumeyer tatsächlich auf. Seine Wanderjahre als Liedbegleiter beginnen. Er zieht wieder nach Berlin, und es wird allmählich ernst mit der Alten Musik, wenngleich auch er als Klavierbegleiter dankbare Auftritte hatte, etwa mit der berühmten Sängerin Emmi Leisner, oder mit dem Wagner-Sänger und Star der Berliner Staatsoper, Fritz Soot, z.B. im Brahms-Zyklus „Die schöne Magelone“.

Ausschlaggebend wurden zwei Berliner Begegnungen: einerseits mit Curt Sachs, einem der Väter der Musikethnologie und vor allem: Direktor der Staatlichen Instrumentensammlung, unter dessen Anleitung sich Neumeyer mit alten Instrumenten und deren Spieltechniken befassen konnte. Andererseits durch den Unterricht bei der Cembalistin Alice Ehlers, einer Schülerin der berühmten Wanda Landowska, die inzwischen in Paris lebte und arbeitete.

Aus Johann Kuhnaus sechster Sonate der Reihe „Musicalische Vorstellung einiger biblischer Historien“, 1700 veröffentlicht, hören wir jetzt „Jacobs Tode und Begräbniß“ , die ersten zwei Stücke: „Das bewegte Gemüthe der Kinder Israel bey dem Sterbe=Bette ihres lieben Vaters“ und „Ihre Betrübniß über seinem Tode / ingleichen ihre Gedancken / was darauff folgen werde.“ Ein originales Cembalo florentinischer Schule um 1726.

MARC:
Johann Kuhnau (1660-1722) Suonata sesta: Jacobs Tod und Begräbniß
aus: Musicalische Vorstellung einiger biblischer Historien in 6 Sonaten
(Leipzig 1700)

Die Fortsetzung mit der „Reise von Ägypten in das Land Canaan“ folgt später.

Wir waren im Jahre 1930 angekommen, und jetzt bekommt das Wort Aufführungspraxis einen neuen modernen Sinn, ausgerechnet in den Zirkeln der Alten Musik. Und nicht nur dort: mein Vater studierte aufs neue, insbesondere bei Erwin Bodky, dem Verfasser eines berühmten Buches über den Vortrag alter Klaviermusik. Aufführungspraxis! 1932 wird das monumentale Buch dieses Titels erscheinen, das bei den Alten Griechen und im fernen Orient beginnt und bei Toscanini endet, der Autor heißt Robert Haas. (Das Exemplar meines Vaters liegt hier auf dem Tisch!) Praktische Pionierarbeit aber leistet die Saarbrücker Vereinigung für Alte Musik. Im Mai 1930 schreibt Neumeyer an Dr. Günther Lemmen, den ausgezeichneten Violaspieler, der später hauptamtlich als Augenarzt tätig war:

„Die Stunden, die ich bei Alice Ehlers nehme, sind riesig interessant, nicht nur fürs Cembalo, sondern auch für die Aufführungspraxis der Alten Musik überhaupt. Sie riet mir dringend, ja nicht in Berlin zu bleiben, wo solche Überfüllung ist, sondern von Saarbrücken aus den Boden für die Sache urbar zu machen.“

Genauso geschah es, in verschiedenen geographisch gesegneten Orten entwickelten sich revolutionäre Zellen der Alten Musik, in Saarbrücken und in Basel etwa, und es gab die Kabeler Kammermusik, aber überall waren die gleichen emsigen Pioniere am Werk: Neumeyer, Scheck, Wenzinger und Freunde. Zu diesen gehörte z.B. auch der Hagener Papierfabrikant Hans Eberhard Hoesch – „Kabeler Kammermusik“, das bedeutete nichts anderes als Musik in Hagen-Kabel, Hoesch war nicht nur ein Enthusiast der Alten Musik und der alten Instrumente, er gab auch Geld dafür aus und ließ Kopien nach den Vorstellungen der 20er Jahre herstellen. August Wenzinger siedelte eigens von Bremen nach Hagen über.

Vieles ist in Vergessenheit geraten. Die 1954 gegründete Cappella Coloniensis übrigens, so wird erzählt, verdrängte den Hagener Hintergrund, ihr großer Gründungspate sollte allein der WDR in Köln sein, während kein Geringerer als Nikolaus Harnoncourt später den Hagener Industriellen als den „vielleicht größten Mäzen der aufblühenden Originalklang-Bewegung“ rühmte.

Ich erinnere mich an die 60er Jahre, als ich selbst in solchen Nachfolge-Ensembles in Schwerte oder Lüdenscheid mitspielte, wo noch Manna Hoesch am Cembalo saß, die Tochter des Hagener Mäzens. Oder auch wieder Fritz Neumeyer. Die Musikfeste in Lüdenscheid wurden protegiert von der Firma Hueck. In der Villa der Witwe Gertrud Hueck wurden wir – für unsere Verhältnisse – fürstlich bewirtet; dort begegnete ich also Fritz Neumeyer, und einer seiner legendären Schüttelreime bezog sich auf die lukrative Bewirtung des Hauses: „Erst spielen sie den Buxtehude, dann stürmen sie bei Huecks die Bude!“

Nun sollte man nicht glauben, dass die Alte Musik erst um 1930 und allein durch die genannten Musiker entdeckt wurde. Wanda Landowska hatte bis 1919 in Berlin gelehrt, und auch von Paris aus Furore gemacht mit einem maschinenähnlichen Riesen-Cembalo, das sie bei Pleyel in Auftrag gegeben hatte. Solche Monster mit Stahlrahmen wurden dank der enormen Autorität der Künstlerin zum Standard.

Ihre Schülerin und Nachfolgerin in Berlin, Alice Ehlers, habe ich erwähnt. Und auch Erwin Bodky, der seit 1928 in Berlin Klavierprofessor war, beschäftigte sich – ebenfalls beraten von Curt Sachs – mit der Sammlung des preußischen Instrumentenmuseums, er hat ein originales Ruckers-Cembalo gespielt, er selbst und seine Schüler – unter ihnen mein Vater – spielten Biblische Sonaten von Kuhnau, 1932 veröffentlichte er die Schrift „Der Vortrag alter Klaviermusik“, die ich Mitte der 50er Jahre im Bücherschrank meines Vaters entdeckte: da wurde das Vierhändigspielen der Bachschen Werke am Klavier empfohlen. Vielleicht hat sich auch Neumeyer daran erinnert, als er nach seiner Handverletzung 1964 wieder begann, mit seinem Schüler Rolf Junghanns gemeinsam Konzerte zu geben. Erwin Bodky jedenfalls entdeckte – anders als die auf Konzertsaalwirkung bedachte Wanda Landowska – auch das zarte Klavichord für sich; es gibt Tondokumente von ihm in der Reihe L’Anthologie Sonore, die von Curt Sachs 1934 in Paris begründet wurde. Alle drei gehörten zu den bedeutenden Persönlichkeiten des Berliner Musiklebens, die wegen jüdischer Abstammung nach Hitlers Machtergreifung davongejagt worden.

Bodky 1932 1932  Bodky 1933 1933

Hier folgt nun die Fortsetzung der Biblischen Sonate von Kuhnau: „Die Reise von Egypten in das Land Canaan“ dann „Das Begräbniß Israelis und die dabey gehaltene bittere Klage.“ Und: „Das getröstete Herz der Hinterbliebenen“.

MARC (Forts.):
Johann Kuhnau (1660-1722) Suonata sesta: Jacobs Tod und Begräbniß
aus: Musicalische Vorstellung einiger biblischer Historien in 6 Sonaten
(Leipzig 1700)

Kuhnau Titel Kuhnau Vorrede

(Fortsetzung des Vortrags folgt HIER)